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Interview mit neuem Landesgruppenobmann Mag. Gehbauer

Herr Mag. Gehbauer, Gratulation zur Wahl zum neuen Landesgruppenobmann in Wien. Was bedeutet die neue Funktion für Sie? 

Da ich in der Zwischenzeit auf insgesamt 28 Jahre Berufserfahrung, davon 17 Jahre als Geschäftsführer in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zurückblicken darf, empfinde ich es als große Auszeichnung und Ehre, dass ich zum Landesgruppenobmann der gemeinnützigen Bauvereinigungen in Wien gewählt wurde. Besonders freut mich das einstimmige Votum, sowohl von den Vertretern der ARGE Eigenheim als auch des Vereins für Wohnbauförderung (VWBF). Unsere Branche zeichnet sich vor allem auch dadurch aus, dass die gemeinsamen über die fraktionellen Interessen gestellt werden.

Wie sind Sie zur gemeinnützigen Wohnungswirtschaft gekommen?

Schon während meines Studiums begann ich nach mehreren Studentenjobs bei der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) als wirtschaftspolitischer Referent im Büro des damaligen Zentralsekretärs und späteren Vorsitzenden der GPA bzw. Präsidenten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger Hans Sallmutter zu arbeiten. Er war es, der mich in die Wohnbauvereinigung für Privatangestellte entsandte und damit den Grundstein für meinen späteren beruflichen Lebensweg legte.

Was sind aus ihrer Sicht die größten Aufgaben/Herausforderungen für die Wiener GBVs in den nächsten Jahren?

Die größte Herausforderung für gemeinnützige Bauvereinigen ist derzeit, leistbare Grundstücke für den geförderten Wohnbau zu akquirieren, aber auch die Widmungs- und Bauverfahren von Grundstücken im Eigentum der GBVs werden immer mehr in Hinsicht auf Umweltverträglichkeitsprüfungen, Bürgerinitiativen, naturschutzrechtlichen Verfahren etc. zur Herausforderung. Außerdem hat sich der Anteil der GBVs an der Neubauleistung in Wien von rund 80% in den späten 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts nunmehr auf weniger als die Hälfte reduziert. Deshalb muss der Anteil der Gemeinnützigen wieder erhöht werden. Ohne die vom Wohnfonds Wien durch Auslobung bei Bauträgerwettbewerben vergebenen Grundstücken wäre die Situation noch dramatischer. 

Aus all diesen Gründen ist es mir wichtig, eine Lobby für den geförderten Wohnbau zu bilden und die Menschen in unserer Stadt davon zu überzeugen, dass wir nach wie vor qualitätsvollen und leistbaren Wohnraum benötigen. 

Viele Stadtvertreter und -vertreterinnen aus der ganzen Welt kommen nach Wien, um sich über sozialen, leistbaren Wohnraum zu informieren. Was macht die Stadt Wien aus ihrer Sicht hier besser als andere Metropolen?

In erster Linie ist der große Bestand an leistbaren Wohnraum zu erwähnen, hier stehen den Wienerinnen und Wienern rund 220.000 Gemeindewohnungen und 200.000 gemeinnützige Mietwohnungen zur Verfügung! So wohnen mehr als 60% der Wiener Bevölkerung in diesem Segment.  Keine andere Stadt der Welt verfügt über ein derartig großes Angebot. Die Stadt Wien sichert mit Investitionen in der Höhe von rund 600 Mio. Euro pro Jahr an Wohnbauförderungsmittel sowohl eine entsprechende laufende Neubautätigkeit, Sanierungen und die Wohnbeihilfen für jene BewohnerInnen, die nur über niedrige Einkommen verfügen. Bauträgerwett-bewerbe ermöglichen Innovationen im Wohnbau, die nicht zuletzt bei der IBA 2022 wieder einer interessierten Fachwelt präsentiert werden können. Außerdem gewährleistet das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), dass die Wohnungen auf Bestandsdauer zu günstigen Konditionen zur Verfügung stehen und allfällige Erträge der Unternehmen nicht entnommen, sondern dem wohnwirtschaftlichen Kreislauf zugeführt werden.

Neue Widmungskategorie, neue Bauordnung – im Bereich Bauen tut sich immer etwas. Was waren die wichtigsten Änderungen der letzten Jahre für Sie?

Die wichtigste Änderung der letzten Jahre war sicherlich die Widmungskategorie "geförderter Wohnbau" von der man sich wünschen würde, dass sie in Zukunft noch stärkere und größere Anwendung finden wird. Das Verhältnis von 2/3 gefördertem zu 1/3 freifinanziertem Wohnbau entspricht auch weitestgehend der Nachfragesituation am Wohnungsmarkt. Außerdem sind die SMART-Wohnungen (50% aller von GBVs errichteten geförderten Wohnungen müssen als besonders stark geförderte SMART-Wohnung angeboten werden) ein konkurrenzloses Ange-bot, sowohl Miete als auch Qualität betreffend. Hervorzuheben sind auch die gemeinsamen Bemühungen der Stadt Wien und unserer Branche, für Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder in sozialen Notlagen Wohnraum in Form von Housing-First-Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Seit einigen Jahren gibt es jetzt die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ in Wien – Was ist Ihre Zwischenbilanz?

In den letzten beiden Jahren wurden die ersten Projekte in dieser Kategorie gewidmet. Dies macht Hoffnung auf mehr! Die Planungsstadträtin Ulli Sima hat bereits mehrfach signalisiert, dass sie in Abstimmung mit dem Wohnbauressort von Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen Kathrin Gaál die Bemühungen in diese Richtung intensivieren möchte.

Eine der wichtigen Leistungen des sozialen und geförderten Wohnbaus war neben der Schaffung von leistbarem Wohnraum auch immer die soziale Durchmischung. Funktioniert dieses Modell auch heute noch?

Die soziale Durchmischung funktioniert in Wien trotz beträchtlicher Zuwanderung und des Bevölkerungszuwachses sehr gut. Einen besonderen Beitrag hierzu leisten auch die Gebietsbetreuungen der Stadt Wien. Durch geschickte Stadt- und Raumplanung sowie dem Nebeneinander von Gemeinde-, privaten sowie geförderten Miet- und Eigentumswohnungen gelingt es, unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen, aber auch unterschiedliche Interessen miteinander zu vereinbaren. Durch den Erhalt und die Schaffung von Park- und Grünflächen sowie dem Wiener Wald und die Donauinsel bestehen öffentliche Räume für Ruhe- und Erholungszwecke.

Eine letzte persönliche Frage noch: Was ist Ihnen persönlich wichtig beim Wohnen?

Aufgrund meiner beruflichen Situation ist es mir sehr wichtig, einen Ort mit Rückzugsmöglichkeiten und zur Erholung sowie zum Kraft tanken zu haben. Sehr wichtig sind mir auch soziale Kontakte und die Möglichkeit Freunde zu treffen. Besonders freue ich mich auch über unseren kleinen Eigengartenanteil, wo ich mit meiner Familie gemeinsam die Natur erleben sowie Kräuter und Gemüse ziehen und anbauen kann.

© Foto Wilke