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„Gemeinnütziger Wohnbau notwendiger denn je“

Als die zweit größte Stadt Österreichs nimmt Graz eine bedeutende Rolle ein – vor allem in Sachen Wohnraum. Einem Thema, dem sich die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr im Zuge ihrer sozialpolitischen Aktivitäten auch engagiert widmet. In einem Gespräch mit dem Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) spricht Bürgermeisterin Elke Kahr über die aktuelle Wohnbausituation und Wichtigkeit von leistbarem Wohnraum, welche Maßnahmen für die Schaffung dieses getroffen werden müssen und welche Rolle die Gemeinnützigen Bauträger in diesem Zusammenhang spielen. 

GBV: Frau Bürgermeisterin Kahr, wenige Politiker in Österreich stehen so für Sozialpolitik wie Sie. Welche Bedeutung hat, gerade jetzt in Zeiten der Teuerung, der Wohnbau für Sie?

Kahr: Wohnen muss leistbar sein. Mittlerweile ist es so, dass nicht nur mehr Geringverdiener zunehmend Probleme haben, sich eine Wohnung zu leisten. Insofern ist der Bau von leistbaren Wohnungen eine Säule der Sozialpolitik.

GBV:Die gemeinnützigen Bauträger sehen ihre Rolle österreichweit, aber vor allem in Ballungszentren wie in Graz, als Mietpreisdämpfer. Aktuell liegen die GBV-Mieten in der Steiermark etwa 21% unter denen der privaten Bauträger. Welchen Stellenwert hat der gemeinnützige Wohnbau für Sie?

Kahr: Gemeinnütziger Wohnbau ist neben dem Gemeindewohnbau notwendiger denn je. Um die Mieten auf dem sogenannten freien Markt stemmen zu können, muss zum Teil mehr als die Hälfte, manchmal auch mehr, des Haushaltseinkommens aufgewendet werden. Dass auch der gemeinnützige Wohnbau nicht immun gegen marktwirtschaftliche Einflüsse ist, zeigen die enormen Mietsteigerungen in vielen Genossenschaftswohnungen aufgrund des starken Anstiegs der Kreditzinsen. Wenn hier die öffentliche Hand nicht regulierend eingreift, kommt es zu sozialen Katastrophen.

GBV: Welche Maßnahmen plant die Stadtregierung 2023, um leistbaren Wohnraum zu schaffen und welche Rolle sollen Gemeinnützigen hier einnehmen?

Die Stadt Graz wird in Zusammenarbeit mit Gemeinnützigen aber auch selbst weiter Gemeindewohnungen errichten. Auch das Mietzinszuzahlungsmodell, das garantiert, das kein Mieter/keine Mieterin einer von der Stadt zugewiesenen Wohnung mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens zahlen muss, wird fortgeführt. Außerdem gibt es weiterhin den Kautionsbeitrag der Stadt Graz, der MieterInnen bei den enormen Einstiegskosten beim Anmieten einer Wohnung unterstützt.

GBV: In jüngster Vergangenheit ist die Baubilanz in Graz gesunken. Worauf führen Sie das zurück und welche Schritte wollen Sie hier setzen, um wieder mehr leistbaren Wohnraum in Graz zu schaffen?

Kahr: Wenn Sinken der Baubilanz insbesondere bedeutet, dass weniger Anlegerwohnungen oder Prestigeprojekte von und für Investoren gebaut werden, halte ich das für eine gute Entwicklung. Wir als Stadt Graz werden – wie gesagt – den Gemeindebau gemeinsam mit gemeinnützigen Partnern fortsetzen. Die wirklich effektiven Maßnahmen, um Wohnen wieder leistbar(er) zu machen, können wir als Stadt Graz allerdings nicht umsetzen. Nur der Bund kann endlich ein neues Mietrechtsgesetz mit erweitertem Anwendungsbereich, Abschaffung von Befristungen und einheitlichen Mietzinsobergrenzen beschließen. In der Zuständigkeit des Landes liegt es wiederum, ausreichend Wohnbauförderungsmittel für den sozialen Wohnbau zur Verfügung zu stellen.