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Kommentar - Mikrowohnungen in der Steiermark

Seit der vermeintlichen Immobilienkrise, die auch Europa nachhaltig in den Jahren 2008 bis 2010 erschüttert hat, werden Immobilien als das Allheilmittel für die optimierte Verzinsung von vorhandenem Kapital gehandelt.

Doch was steckt tatsächlich hinter diesen Gedanken? In den letzten 10 Jahren haben sich viele Bauträger auf das Geschäft mit Anlagewohnungen spezialisiert. Nicht nur renommierte Bauträger, sondern auch viele „neue Glücksritter“ haben begonnen, den boomenden Markt zur eigenen Gewinnmaximierung zu bearbeiten. 

„Legebatterien“ sind selten wirklich attraktiv

Auf Grundlage der fallenden Zinsen in Europa und den durch die Nachfrage steigenden Grundstückspreisen und Herstellungskosten wurde gleichzeitig die immerwährende Frage der Leistbarkeit das zentrale Thema. Und dafür gab und gibt es – aus der Sicht dieser Bauträger - ein Allheilmittel. Wenn sich Menschen nur mehr die Hälfte leisten können (oder wollen), muss Wohnraum einfach nur mehr halb so groß sein: Die neue Mikrowohnung ist entstanden. „Legebatterien“ an Wohnungen, 30-50 m2 groß, meist am Stadtrand, meist in Lagen, die seit Jahren zum Verkauf stehen. Und diese sind selten wirklich attraktiv. 

Völlig vergessen wird in solchen Anlagen der notwendige „Soziale Mix“. Wohnraum ist ein lebendiges Produkt - er pulsiert und hat seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Im Winter ist es ruhiger, im Frühjahr und Sommer lebt Wohnraum von seiner Interaktion und dem Milieu. Seitens der Behörde hält sich die Freude an Mikro- und noch kleineren Wohnungen auch in Grenzen. Baubeantragte Größen von 21 m2 sind wahrscheinlich wenig geeignet, Nachhaltigkeit und lebenswertes Wohnen darzustellen.

Wo sind die Gewinner? 

Im urbanen Raum von Graz entstanden in den vergangenen Jahren einige solcher Projekte, die zwar rasch an Fonds verkauft waren, aber auch die Grenzen und die Probleme solcher Lebensräume aufzeigen: Vereinsamung der Wohnenden, stereotype Grundrisse, zentral und eng dimensionierte Infrastruktureinrichtungen, gewerbliche Nutzungen, die zu Überlastungen der öffentlichen Verkehrsmittel führen und auch sich doch nicht erfüllende Anlegerträume.

Denn häufige Mieterwechsel mit Brauchbarmachungskosten und/oder Leerstände – obwohl gekaufte Vermietungsgarantien das Gegenteil versprechen - sind genauso feststellbar wie die Befürchtung nicht erfüllter Renditeerwartungen für die Anleger. Diese zeichnen ideelle Anteile am Wohnungseigentum und partizipieren am Fondsergebnis wie an Aktien, mit einem Gewinn oder eben Verlust. Um reale Mieten zu stützen, werden durchaus Teile der Errichtungsgewinne der Bauträger in „leistbares Wohnen“ investiert, um billig zu sein. Von Mietenzuschüssen bis zu 25% für die ersten drei Jahre wird am Markt gesprochen.

Aber leistbar heißt eben nicht nur billig. Wohnen hat die Aufgabe, soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit in ein Umfeld mit Stabilität zu bringen. Das machen vornehmlich die gemeinnützigen Bauträger Österreichs. Mit ihrem Mix an Wohnungen, die ebenso Singles, Paare ohne Kinder oder Familien und Patchworkfamilien wohnversorgen. Ein Hoch auf diese Form der sozialen Stabilität für die Bevölkerung, die Wohnen als Wert und nicht als Ware sieht.