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"Wohnen muss weiterhin leistbar bleiben" - Christiane Teschl-Hofmeister im Interview

Im Interview mit gbv-aktuell beleuchtet Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister wichtige Aspekte des gemeinnützigen Wohnbaus in Niederösterreich, aktuelle Herausforderungen und geplante Maßnahmen und teilt außerdem, wie ihre Erfahrungen in der Ortsbildpflege neue Ideen für bezahlbaren Wohnraum inspirieren. 

1. Sie absolvierten den Zweig Restaurierung und Ortsbildpflege der höheren Technischen Bundeslehranstalt Krems. Nehmen Sie daraus Anregungen für neue Zugänge für den gemeinnützigen Wohnbau in NÖ mit?
Durch diesen Zweig wurde mir die Wichtigkeit der Ortsbildpflege noch mehr bewusst. Das Zentrum einer Gemeinde bildet der Ortskern, er bringt Leben und Vielfalt in den Ort, er stärkt die Wirtschaft und die Gemeinschaft. Das Bewusstsein und auch der Umweltgedanke – Stichwort kurze Wege - spielen eine immer größer werdende Rolle im Bewusstsein unserer Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ist es umso wichtiger diese wichtigen Orte der Begegnung zu erhalten und zu revitalisieren.

2. Was sind für Sie in dieser Legislaturperiode die großen Herausforderungen rund ums Thema Wohnen?
Eines der Haupthemen ist und bleibt natürlich leistbares Wohnen. Für uns ist klar, dass Wohnen in allen Regionen unseres Landes weiterhin leistbar bleiben muss. Dies zu garantieren wurde durch Teuerungen in allen Bereichen, aber vordergründig bei den Miet- und Energiepreisen sowie die steigenden Zinsen deutlich erschwert. Daher gilt es diese Teuerungen für unsere Bürgerinnen und Bürger abzufedern, was natürlich zu budgetären Herausforderungen führt, da wir auch hier unsere Rahmenbedingungen einhalten müssen. Auch der Bund ist gefordert die Weichen für leistbaren Wohnraum für die Zukunft zu stellen. Darüber hinaus erachte ich es für essentiell, dass die Bauordnung durchforstet wird. Bestimmungen, die das Wohnen teurer machen, ohne gleichzeitig einen Mehrwert etwa hinsichtlich Komfort, Barrierefreiheit oder Klima- und Umweltschutz u.v.m. zu bieten, müssen zwingend überarbeitet werden. Ganz wichtig wird auch das Thema Sanierung sein. Sanierung ist der Weg der Nachhaltigkeit und der Zukunft. Wir wollen in die Jahre gekommenen Ortskernen wieder Leben einhauchen und dabei auch der Bodenversiegelung entgegenwirken, vorhandene Gebäude weiter nutzen und auch Abwanderungsgemeinden wieder attraktiv gestalten. Wir wollen auch die Förderung von erneuerbaren Energieträgern, sowohl beim Heizen, als auch der Stromerzeugung weiter vorantreiben. Wir wollen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduzieren und gleichzeitig einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Es wird also mit Sicherheit eine sehr spannende Periode mit großen Herausforderungen.

3. Sehen Sie in Niederösterreich spezielle Herausforderungen beim Wohnbau gegenüber den anderen Bundesländern?
Unser Bundesland besitzt bundesweit die größte Fläche, wir haben die zweithöchste Einwohnerzahl in Österreich. Wir dürfen uns glücklich schätzen in einem wunderbaren, pulsierenden und vielfältigen Heimatland zu leben. Dadurch kommen im Bereich Wohnbau die Herausforderungen einher, passenden Wohnraum für die unterschiedlichsten Ansprüche zu bieten. Dabei ist auch der Ländervergleich zu anderen Bundesländern wichtig, da er zeigt, ob wir anhand von Bewilligungen auf dem richtigen Weg sind. Die NÖ Landesstrategie weist aus, dass 94 Prozent der Niederösterreicherinnen und Niederösterreich angeben, Niederösterreich sei ein sehr gutes oder eher gutes Land zum Leben. Diese Aussage wird durch das Bevölkerungswachstum von über 100.000 Einwohnern in den vergangenen Jahren (2010:1,61 Mio. / 2023: 1,72 Mio.) eindeutig bestätigt.

4. Welche Bedeutung messen Sie allgemein dem gemeinnützigen Wohnbau für das wichtige Thema „leistbaren Wohnraum“ zu?
Die Zusammenarbeit zwischen Land und den gemeinnützigen Bauträgern ist in punkto leistbares Wohnen von enormer Bedeutung, da der gemeinnützige Wohnbau u.a. eine dämpfende Wirkung auf die Mietpreise und leistbaren Wohnraum für alle Generationen bietet. Jede dritte Wohnung in Niederösterreich wurde von einem gemeinnützigen Wohnbauträger errichtet. Es geht dabei aber nicht nur um die schiere Zahl an Bewilligungen. Uns ist es wichtig nicht nur viel, sondern vor allem bedarfsgerecht gemeinsam mit den gemeinnützigen Wohnbauträgern genügend Wohnraum zu schaffen. Dadurch wiesen Gemeinden mit einem höheren Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren auch mehr Bewilligungen gemeinnütziger Wohnungen auf.

5. Neben dem Wohnbau sind Sie auch für die Bereiche Bildung, Soziales verantwortlich. Sehen Sie in diesen Ressorts auch Überschneidungen?
Soziales und Wohnbau bietet natürlich einige Überschneidungen. Gerade in Zeiten der Teuerungen müssen wir sozial schwächer gestellten Bürgerinnen und Bürgern an der Seite stehen, damit diese ihre Lebenserhaltungskosten stemmen können. Es ist auch wichtig passenden Wohnraum für die verschiedensten Generationen zu bieten. Dafür haben wir einerseits die Förderschiene „Junges Wohnen“, der durch einen geringen einmaligen Finanzierungbeitrag von 4.000 Euro glänzt und für junge Menschen als Start in die Eigenständigkeit dient, als auch die Förderschiene begleitetes Wohnen für Senioren, welches ein verpflichtetes Betreuungspaket beinhaltet und in einem barrierefreien Gebäude stattfindet, gegründet. Auch das Thema Bildung und Wohnen findet durchaus Überschneidungen, zum Beispiel werden auch Kindergarten von gemeinnützigen Wohnbauträgern errichtet.

6. Gibt es spezielle Maßnahmen, die Sie für mehr leistbares Wohnen planen? In einigen Bundesländern wird bspw. gerade über eine Leerstandsabgabe oder eine neue Raumordnung diskutiert?
In Niederösterreich gehen wir stets den Weg Anreize zu setzen. Niederösterreich hat über die vergangenen Jahre eine konstant niedrige Leerstandsrate von knapp über einem Prozent herrscht. Dieser Leerstand dient als Manövriermasse. Wir versuchen durch die stetige Weiterentwicklung der NÖ Wohnungsförderungsrichtlinien 2019 stets die besten Lösungen zu bieten. So wurde beispielsweise im Mai der 3-Punkte-Plan für günstigen Wohnbau und leistbare Mieten, die Anhebung der Einkommensobergrenzen bei Wohnzuschuss/Wohnbeihilfe im Oktober 2022 oder der Wohn- und Heizkostenzuschuss seit April 2023 beschlossen. Da Niederösterreich ein Land des Eigentums ist und der Erwerb durch die KIM-Verordnung des vorigen Jahres enorm erschwert wurde, suchen wir auch in diesem Bereich nach Lösungen, um Eigentum wieder leistbar zu gestalten. Dafür haben wir zur bestehenden Laufzeit des Wohnbaudarlehens im Eigenheimbereich von 27,5 Jahren, alternativ wählbar bei Antragstellung eine verlängerte Laufzeit von 34,5 Jahren beschlossen, damit sich die monatlichen Belastungen der Förderungswerber reduzieren.