Skip to main content Skip to page footer

Neue Studie zu den Auswirkungen der Privatisierungen im gemeinnützigen Sektor

Das Paradebeispiel für Privatisierungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen und ihren Wohnungen sind die ehemaligen Wohnungsgesellschaften des Bundes (BUWOG, WAG Linz, ESG Villach und EBS Linz). Im Jahr 2004 hat der Bund diese Gesellschaften und ihre rund 60.000 Wohnungen privatisiert. Der Bund hat durch die Privatisierung 961 Millionen Euro eingenommen. Das entspricht nur rund 16.000 Euro pro Wohnung. 


Trotz Weiterwirkens des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) in den historischen Beständen der privatisierten Unternehmen, wird Wohnraum zunehmend zum Spekulationsobjekt. Die Folge: die Mieten steigen und befristete Mietverhältnisse nehmen zu. Die Mieterinnen und Mieter wissen nämlich oft nicht, ob die teureren Mieten überhaupt zulässig sind, wenn die gesetzlichen Regeln umgangen werden. 


Es gibt aber auch andere Varianten der Privatisierung. Zwischen 2012 und 2015 wurde drei weiteren Bauvereinigungen die Gemeinnützigkeit entzogen. Ein gewerblicher Eigentümer hatte die Kontrolle über diese erlangt und den Entzug provoziert. Es handelt sich um die Gesellschaften GESFÖ, Riedenhof und Pannonia. Diese hatten seinerzeit mehr als 3.000 gemeinnützige Wohnungen.

Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ist weiter anwendbar
Grundsätzlich gilt für eine gemeinnützig errichtete Wohnung: „einmal WGG, immer WGG“. Das heißt, dass sich die privatisierten Gesellschaften in ihren alten Wohnhäusern weiter an das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) halten müssen. Wenn sie Wohnungen weiterverkaufen, ändert sich daran ebenfalls nichts. Die kaufenden Firmen oder Privatpersonen haben sich ebenfalls an die Regeln des WGG zu halten. Das heißt: der Mietzins ist gesetzlich geregelt und es darf – da es sich meist um ausfinanzierte Wohnungen handelt - in der Regel lediglich die sogenannte Grundmiete sowie der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag (zusammen derzeit 4,38 € / m² und Monat) im Rahmen der Mietzinsbildung angesetzt werden. Nur wenn eine Wohnung direkt von den bereits darin wohnenden Mieterinnen und Mietern gekauft wird, gibt es davon eine Ausnahme. 


Gesetzliche Regeln zur Mietenbegrenzung in der Praxis ignoriert
Eine legale Möglichkeit, um mit den Wohnungen trotzdem möglichst viel Gewinn zu machen, ist der Verkauf anstatt der Vermietung. Wohnbund:consult hat im Auftrag der AK Wien 101 Personen befragt, die in ehemals bundeseigenen Wohnungen in Graz und Wien leben. Rund die Hälfte dieser Personen sind mittlerweile Wohnungseigentümer oder Wohnungseigentümerinnen. 


Gemäß den Ergebnissen der Erhebung zahlten diese Eigentümerinnen und Eigentümer im langjährigen Durchschnitt Kaufpreise von über 220.000 Euro pro Wohnung. Das ist das Mehrfache des einstigen Privatisierungspreises. Die AK-Wohnrechtsberatung ist Ende Februar 2025 auf ein Inserat der BUWOG im fünften Wiener Bezirk gestoßen, bei der es sich um eine ehemals gemeinnützige Mietwohnung handelt. Eine Wohnung mit knapp 110 m² wurde für 450.000 Euro zum Verkauf angeboten. Der Mietzins für diese Wohnung dürfte laut WGG nur knapp unter 500 Euro pro Monat betragen. 


Nach dem Ab-, oder Weiterverkauf von Wohnungen kommt es häufig wieder zu Vermietungen. Die neuen Mieterinnen und Mieter haben dabei in aller Regel keine Möglichkeit zu erfahren, ob in und welchem Ausmaß das WGG und damit die Mietpreisregulierung noch anzuwenden ist. Dies schlägt sich auch in deutlich überhöhten Mieten nieder, wie die Befragung von wohnbund:consult zeigt. 


Die Erhebungen in der Studie zeigen, dass Haushalte, die derzeit von Investor:innen, Anleger:innen oder Wohnungseigentümer:innen eine ehemalige gemeinnützige Wohnung mieten, für eine 61 bis 70 Quadratmeter große Wohnung durchschnittlich rund 1.100 Euro an (Brutto-)Miete bezahlen, also rund 17 Euro pro Quadratmeter. Altmieterinnen und Altmieter deren Miete sich noch aus dem WGG ergibt, zahlen hingegen nur rund 590 Euro an (Brutto-)Miete für Wohnungen vergleichbarer Größe. Die tatsächlich verlangte Miete liegt also um fast das doppelte über der gesetzlich vorgeschriebenen WGG-Miete. Noch dazu haben die Neumieterinnen und -mieter üblicherweise nur einen befristeten Mietvertrag. 


Fälle aus der AK Wohnrechtsberatung zeigen, dass auch in den Objekten der jüngeren Privatisierungen von GBVs (jene die zwischen 2012 und 2015 privatisiert wurden) Vergleichbares passiert. Die verrechneten Mieten liegen deutlich über der WGG-Miete. Durch befristete Mietverträge kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Mieten bei Neuvergaben oder Vertragsverlängerungen. 


Gemeinnützigkeit erhält sich nur durch Gemeinnützige Bauvereinigungen
Die zentrale Erkenntnis der Studie ist demnach, dass eine langfristige Sicherung des gemeinnützigen Wohnungsbestands nur durch gemeinnützige Bauvereinigungen gewährleistet werden kann. Auch wenn dies wie eine Wortwiederholung erscheint, sollte gerade dieser Umstand der Politik besonders zu denken geben. Und für jene Wohnungen, die bereits privatisiert wurden, könnte man mit einem „WGG-Pickerl“ im Grundbuch mehr Transparenz für Mieterinnen und Mieter herstellen, hinsichtlich der Frage, ob eine (privat) gemietete Wohnung weiterhin der WGG Mietzinsbildung unterliegt.

Die gesamte Studie ist hier zum Download verfügbar.
 

Verfasser: Lukas Tockner, Arbeiterkammer Wien