Neue Studie: Gemeinnütziger Wohnbau – ein effektives Instrument zur Sicherung von Leistbarkeit
In einer neuen Studie des WIFO, die im Auftrag der europäischen Kommission durchgeführt wurde, werden die Auswirkungen und ökonomischen Effekte von unterschiedlichen Wohnpolitiken im EU-Kontext evaluiert. Untersucht wurden dabei sowohl Instrumente der Objekt- und Subjektförderung als auch von steuerlichen Maßnahmen im Wohnbau. Die wichtigste Erkenntnis gleich vorweg: Förderungen die in die Errichtung gemeinnütziger und kommunaler Mietwohnungen fließen tragen am nachhaltigsten zur langfristigen Sicherung eines leistbaren Wohnungsangebots bei.
Während viele politische Maßnahmen zwar punktuell entlasten oder temporäre Effekte erzeugen, zeigt sich bei öffentlichen Investitionen in die Errichtung von Wohnungen durch gemeinnützige, kommunale oder anderen nicht-gewinnorientierten Akteure eine Kombination aus unmittelbarer Hilfe, struktureller Wirkung und langfristiger Stabilität.
Die Vorteile von Objektförderung
Der zentrale Vorteil liegt in der dauerhaften Mietpreisgestaltung deutlich unter dem Niveau der freien, vielfach spekulationsgetriebenen Marktmieten. Im Gegensatz zu temporären Preisbindungen, die bei der Förderung von gewerblichen Akteuren eintritt (meist gibt es eine Preisbindung auf 20-40 Jahre), wird bei der Förderung von gemeinnützigen und kommunalen Mietwohnungen langfristig und somit nachhaltig und auf Bestandsdauer leistbarer Wohnraum geschaffen.
Während andere Instrumente, wie etwa Wohnkostenzuschüsse oft zu unerwarteten Preisanstiegen führen, wenn sich die Marktbedingungen ändern, bleibt die Wirkung sozialer Wohnungsbestände stabil. Das bedeutet: Jede zusätzliche gemeinnützige Wohnung produziert Jahr für Jahr Einsparungen und einen sozialen und ökonomische Mehrwert, indem sie Mietbelastungen reduziert, Armut verhindert und finanzielle Spielräume für Bildung, Gesundheit oder Konsum schafft.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die systemische Entlastung des gesamten Mietmarkts. Wenn genug sozialer (kostenbasierter) Wohnraum verfügbar ist, wirkt dieser als Preissignal und somit preisdämpfend auf den Gesamtmarkt (siehe auch Klien et al. 2023). Damit entfaltet sozialer Wohnungsbau nicht nur individuelle Effekte für die Haushalte, die darin leben, sondern auch marktweite, regulierende Effekte, und reduziert somit die Notwendigkeit für drastischere Eingriffe, wie etwa Mietpreisbremsen oder strikte Mietpreisobergrenzen.
Wirkung von anderen Instrumenten
Im Vergleich dazu weisen andere Instrumente zwar teils positive, aber auch deutlich begrenztere Effekte auf. Wohnkostenzuschüsse können Armut reduzieren und kurzfristig entlasten, doch wirken sie nicht strukturell: Ein Teil der Förderung landet oft indirekt bei VermieterInnen, weil sich die Nachfrage erhöht und dadurch Mieten steigen. Besonders problematisch ist, dass Zuschüsse die Grunddynamik steigender Mieten nicht verändern – sie bekämpfen Symptome, nicht Ursachen.
Steuerliche Vergünstigungen, wie die Möglichkeit, Hypothekarzinsen von der Einkommenssteuer abzusetzen, zählen international zu den regressivsten Instrumenten der Wohnpolitik, sie nützen also überwiegend Haushalten mit hohen Einkommen. Der Bericht des WIFO belegt auch, dass steuerliche Vergünstigungen für den Erwerb von Wohnungen darüber hinaus Immobilienpreise verteuern und eine spekulative Entwicklungen fördern, ohne die Eigentumsquote nachhaltig zu erhöhen. Direktzuschüsse zum Kauf von Eigentumswohnungen (Hypothekarkredite) erreichen ihr Ziel ebenfalls selten: Sie heizen die Nachfrage an, was Kaufpreise nach oben treibt, während die gewünschte Ausweitung des Eigentums oder des Wohnraumangebots weitgehend ausbleibt.
Der Bericht behandelt auch die Effektivität von Mietregulierungen. Diese werden in angespannten Märkten oft als schnelle Lösung genutzt und können kurzfristige Sicherheit bieten. Doch ohne flankierende Maßnahmen drohen Qualitätsverluste, Investitionsrückgang und ein Rückzug privater Anbieter aus dem Markt. Deshalb gilt: Mietregulierung kann schützen, aber strukturelle Leistbarkeit entsteht nur durch die Schaffung von zusätzlichem, nicht profitorientiertem Wohnraum.
Geld- und kreditpolitische Eingriffe – etwa strengere Finanzierungsregeln oder Zinserhöhungen – beeinflussen die Immobilienpreise nur indirekt, verzögert und teils widersprüchlich. Sie eignen sich daher nicht als Instrument, um wohnkostenbedingte Armut oder Mietbelastungen wirksam zu reduzieren.
Im Bereich der Förderung von ökologischer Nachhaltigkeit und Sanierungen zeigt sich, dass Politiken am besten wirken, wenn man nicht nur die Investitionen in die Gebäude unternimmt, sondern dies auch mit Aufklärungsmaßnahmen über die Vorteile in Bezug auf die Energiekosten und die Wohnqualität kombiniert. Die Evidenz zeigt außerdem, dass höhere Förderungen nötig sind, um Haushalte mit geringem Einkommen zu Investitionen zu bewegen – im Vergleich zu Haushalten mit hohem Einkommen. Besonders in Bestandsquartieren sind sozial-ökologische Förderstrategien entscheidend, um Klimaschutz und Wohnfairness zusammenzuführen.
Fazit der Studie
Das Gesamtbild ist eindeutig: Unter allen analysierten Instrumenten ist die Förderung und Unterstützung von gemeinnützigen und kommunalen Strukturen am effektivsten und jenes das am nachhaltigsten wirkt. Dadurch werden nicht nur einzelne Haushalte entlastet, sondern ganze Märkte stabilisiert und ein langfristiger Gegenpol zu spekulativen Dynamiken geschaffen. Damit ist die Stärkung der gemeinnützigen und kommunalen Sektoren in Europa ein unverzichtbarer Baustein für eine gerechte, zukunftsfähige und nachhaltige Wohnpolitik – und die vermutlich wirksamste Antwort auf die Frage, wie Wohnen für alle leistbar bleiben kann.
Österreichisches System ist besonders effektiv
Das österreichische System mit seinem Fokus auf gemeinnützigen und kommunalen Wohnbau, insbesondere in Kombination mit Objektförderung zeichnet sich demnach durch effektive wohnungspolitische Instrumente aus. Das zeigt sich auch anhand der öffentlichen Ausgaben für Wohnen. Trotz einer der höchsten Anteile an gemeinnützigen und kommunalen Mietwohnungen am gesamten Wohnungsbestand in der EU verzeichnet Österreich im internationalen Vergleich relativ geringe öffentliche Ausgaben.
Besonders deutlich wird dies, sobald man auch die steuerlichen Begünstigungen für Haus- und WohnungseigentümerInnen mitberücksichtigt. Rechnet man diese hinzu, so ergeben sich etwa in den Niederlanden jedes Jahr öffentliche Gesamtausgaben für Wohnen im Ausmaß von 1,7% des Bruttoinlandsproduktes, im Vergleich zu rund 0,4% in Österreich. Auffallend ist auch, dass die Subjektförderungen in den meisten anderen Ländern einen viel größeren Teil ausmachen als die Objektförderungen. Anders gesprochen: die meisten Länder stützen Haushalte mit Direktzahlungen für (oftmals hohe private) Mieten, anstatt öffentliche Gelder in den Wohnbau zu investieren, wo diese deutlich langfristigere Effekte erzielen würden.
Verfasser: Gerald Kössl