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Hohe Wohnkosten als Belastung für den Wirtschaftsstandort

International mehren sich die Belege, dass hohe Wohnkosten ein Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung darstellen. Besonders die Arbeitskräftemobilität leidet unter den hohen Wohn-kosten, indem sie Umzüge von Haushalten in hochpreisige, aber hochproduktive Zentren, verhindert. Wenn Arbeitskräfte aber nicht dorthin wandern, wo sie am produktivsten eingesetzt werden können, liegt die realisierte Wirtschaftsleistung unter ihrem Potential. Neben negativen Effekten für die Volkswirtschaft insgesamt, erleiden auch die produktiven Regionen mit hohen Wohnkosten Schäden durch fehlende Arbeitskräfte.


Eine am 18. Jänner 2024 präsentierte WIFO-Studie im Auftrag der Arbeiterkammer Salzburg greift dieses Forschungsthema zum ersten Mal umfassend für Österreich auf, und untersucht den Effekt der hohen Wohnkostenbelastung konkret am Beispiel des Wirtschaftsstandortes Salzburg. Aufgrund der ausgesprochen hohen Wohnkostenbelastung in Salzburg – nicht zuletzt aufgrund der schwachen Bautätigkeit in den letzten zwei Jahrzehnten – lassen sich die Effekte besonders deutlich illustrieren.


So zeigen die Studienergebnisse, dass die Einkommen in Salzburg nach Abzug der Wohnkosten niedriger sind als im Durchschnitt der Bundesländer. Der Unterschied zu Oberösterreich und Niederösterreich beträgt über 20%, einzig in Tirol sind die Einkommen abzüglich Wohnkosten ähnlich niedrig, und nur in Wien spürbar geringer. Die Unterschiede zeigen sich über alle Regi-onstypen (Kernzone, Außenzone, ländlicher Raum) und Haushaltsgrößen hinweg. Niedrige Residualeinkommen machen das Bundesland als Wohn- und Arbeitsdestination, zumindest aus finanzieller Sicht, weniger attraktiv.


Ein Schwerpunkt der Studie beschäftigt sich dann konkret mit der Frage, welche Folgen die ungünstige finanzielle Attraktivität des Bundeslandes auf Arbeitskräfte und Unternehmen hat. Besonders deutliche Effekte zeigen sich in Bezug auf die Mobilität der Arbeitskräfte, wo sich über die letzten 20 Jahre ein deutlich negativer Binnenwanderungssaldo in Salzburg kumuliert hat. D.h. signifikant mehr Leute haben sich entschieden aus dem Bundesland Salzburg in andere Bundesländer wegzuziehen, als Salzburg von anderen Bundesländern anziehen konnte. Ein-zigartig im Bundesländervergleich ist dabei besonders auch die starke Abwanderung aus der Salzburger Kernzone, welche von 2001 bis 2019 mehr als 16.000 Personen bzw. 6% im Vergleich zur Ausgangsbevölkerung im Jahr 2001 verlor. 


Wie in Abbildung 1 dargestellt, zeigt sich dieses Wanderungsmuster quer über Österreich: Regionen mit niedrigeren Wohnkosten ziehen Bevölkerung an, Regionen mit vergleichsweise hohen Wohnkosten stagnieren oder verlieren über die Binnenwanderungen an Bevölkerung. Dieser Zusammenhang zeigt sich nicht nur in den urbanen Kernzonen, sondern auch im Umland (Außenzonen) oder im ländlichen Raum.


Auf Unternehmensebene passt die geringe Arbeitskräftemobilität zur unterdurchschnittlichen Unternehmensdynamik, aber auch der vergleichsweise hohen Zahl an offenen Stellen im Bundesland. Die Analyse von Indikatoren zur Unternehmensdynamik weist für das Bundesland Salzburg strukturell niedrige Werte aus. Gemessen an üblichen Indikatoren wie Gründungsraten, Unternehmensfluktuation oder dem Anteil schnell wachsender Unternehmen, ist die Unternehmensdynamik im Bundesland Salzburg unterdurchschnittlich. Auch wenn nur die Regionen um die Landeshauptstädte verglichen werden – diese verzeichnen aufgrund ihrer zentralräumlichen Funktion zumeist höhere Dynamiken – weist die Region Salzburg Stadt und Umgebung eine vergleichsweise schwache Dynamik aus.


Deutlich sind die Effekte auch in puncto offene Stellen, wo Salzburg im Bundesländervergleich eine der höchsten Raten ausweist. Das Niveau an offenen Stellen ist in Salzburg seit vielen Jah-ren höher als im Durchschnitt. Der dadurch suggerierte Mangel an Arbeitskräften hat jedoch im Nachgang zur Covid-19 Pandemie nochmals deutlich zugenommen. Anders als in Oberöster-reich, wo ebenfalls viele offene Stellen nicht besetzt werden können, liegt in Salzburg eine gänzlich andere Sektorstruktur zugrunde. Während in Oberösterreich die offenen Stellen primär in Hochlohnbranchen wie der Sachgüterindustrie vorliegen, sind in Salzburg stärker Branchen mit vergleichsweise geringer Entlohnung dominant: Neben Beherbergung und Gastronomie betrifft dies auch den Handel oder das Gesundheits- und Sozialwesen. Ein Arbeitskräftemangel in diesen Branchen passt zur Erwartung, dass besonders Arbeitskräfte in Niedriglohnbranchen Schwierigkeiten haben, die hohen Salzburger Wohnkosten zu tragen.


Zusammenfassend zeigen die Studienergebnisse deutlich, dass die hohen Wohnkosten im Bundesland Salzburg sich zusehends als Belastung für den Wirtschaftsstandort bemerkbar machen. Arbeitskräfte wandern in andere österreichische Regionen ab, die große Zahl an offenen Stel-len kann nicht besetzt werden. Die Ergebnisse stimmen mit internationalen Beobachtungen überein, die (zu) hohen Wohnkosten volkswirtschaftlich negative Effekte zuschreiben. 

Über den Autor: Michael Klien ist Ökonom (Senior Economist) am WIFO. In seiner Funktion als Bau- und Wohnungsexperte des WIFO beschäftigt sich Michael Klien auch intensiv mit Fragen der Baukonjunktur, der Leistbarkeit von Wohnen und ist zudem der österreichische Vertreter im Euroconstruct-Netzwerk.