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Eine Typologie des gemeinnützigen Gebäude- und Wohnungsbestandes in fünf Grafiken

Es ist bekannt, dass gemeinnützige Bauvereinigungen (GBVs) mehrheitlich im großvolumigen Wohnbau aktiv sind und dadurch einen wesentlichen Beitrag zum boden- und ressourcensparenden Wohnbau leisten. Und während viele wissen wie viele gemeinnützige Wohnungen es in Österreich gibt (laut GBV-Verbandsstatistik ca. 700.000 Miet- und 300.000 Eigentumswohnungen), ist weniger bekannt in wie vielen Gebäuden sich diese Wohnungen befinden. Eine Auswertung der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) der Statistik Austria liefert dazu aktuelle Zahlen. Der Fokus liegt auf den im Eigentum von GBVs befindlichen Wohnungen, also Mietwohnungen (1) .


Weiß man die Zahl der Wohngebäude kann man daraus natürlich auch errechnen wie viele Wohnungen sich durchschnittlich in einem GBV-Gebäude befinden und inwiefern es hier regionale Unterschiede und Unterschiede hinsichtlich des Baualters gibt. Je nach Wohnbedarf, den gegebenen technischen Möglichkeiten und dem Planungsverständnis einer Zeit kam es zur Entwicklung von sehr unterschiedlichen Gebäudetypologien im gemeinnützigen Sektor, vom Reihenhaus bis hin zum Hochhaus. Das spiegelt sich auch in den GWZ-Zahlen wider.


All diese Fragen dienen nicht nur dem besseren Verständnis der existierenden Gebäudetypologien im gemeinnützigen Wohnbau, sondern helfen auch die Anforderungen für gebäudebezogene Lösungen bei Sanierungen und bei Heizungsumstellungen besser zu erfassen. Der vorliegende Beitrag gibt daher einen Überblick über den gemeinnützigen Gebäudebestand, sowohl aus regionaler als auch aus historischer Perspektive. Im ausführlichen Bericht finden sich auch Bundesländerporträts, die jeweils einen Überblick über die Typologie der gemeinnützigen Gebäude- und Wohnungsbestände auf Länder- und Bezirksebene geben.

1. GBVs besitzen 91.400 Gebäude in Österreich – das sind 4,3% des österreichischen Gebäudebestandes.
Es gibt in Österreich rund 2,1 Millionen Wohngebäude, in denen fast 8,6 Millionen Hauptwohnsitze begründet sind. 92% aller Wohngebäude (das inkludiert auch alle Einfamilien- und Zweifamilienhäuser) sind im Besitz von Privatpersonen, 4% im Besitz von gemeinnützigen Bauvereinigungen und jeweils 2% von Körperschaften öffentlichen Rechts und von sonstigen juristischen Personen (v.a. gewerblichen Bauträgern). In absoluten Zahlen ausgedrückt besitzen GBVs 91.400 Gebäude, in denen sich Mietwohnungen befinden. Betrachtet man allerdings ausschließlich den Mehrgeschoßwohnbau so sieht die Verteilung anders aus. 20% aller Gebäude mit 3-10 Wohnungen und 27% aller Gebäude mit 11 oder mehr Wohnungen befinden sich im Eigentum einer GBV.


Durch die vorherrschende Typologie des Mehrgeschoßhauses und der damit verbundenen höheren Zahl der Wohnungen pro Wohngebäude liegt der GBV-Anteil hinsichtlich der Anzahl der Wohnungen deutlich höher. 15% aller Wohnungen und Häuser in Österreich sind im Eigentum von GBVs, 8% im Eigentum von Körperschaften öffentlichen Rechts, 7% im Eigentum von sonstigen juristischen Personen und 70% sind im Eigentum von Privatpersonen. Eine annähernd gleiche Eigentümerstruktur findet man bei der Aufteilung nach der Anzahl der Hauptwohnsitzwohnungen. Der Anteil von nur 12% an der gesamten Nettogrundfläche aller österreichischen Gebäude im gemeinnützigen Sektor lässt auf die durchschnittlich kleineren Grundrisse schließen, insbesondere im Vergleich zum Einfamilienhaus.

 

2. Zwei Drittel des GBV-Gebäudebestandes sind Mehrgeschoßgebäude und ein Drittel sind Reihenhäuser. Im Mehrgeschoßwohnbau befinden sich allerdings 96% aller Mietwohnungen.
Die 91.400 Gebäude im Eigentum von GBVs teilen sich folgendermaßen auf: rd. 30.300 sind Gebäude mit 1-2 Wohnungen, rd. 38.900 sind Gebäude mit 3-10 Wohnungen und rd. 22.200 sind Gebäude mit 11 oder mehr Wohnungen. Obwohl die rd. 22.200 großvolumigen Gebäude nur 24% des GBV-Bestandes ausmachen, befinden sich darin 60% (438.000) aller GBV-Wohnungen. In den rd. 38.900 mittelvolumigen GBV-Gebäuden (43% aller Gebäude) mit 3-10 Wohnungen befinden sich rd. 259.000 Wohnungen (36% des GBV-Wohnungsbestandes). Die 30.300 kleinvolumigen Gebäude mit 1-2 Wohnungen machen 33% des gesamten Gebäudebestandes aus, darin befinden sich allerdings nur 4% aller GBV-Wohnungen.

 

3. Die durchschnittliche Anzahl der Wohnungen pro GBV-Gebäude beträgt 8, mit deutlichen Unterschieden zwischen den Bundesländern. 
Im österreichischen Durchschnitt befinden sich in einem gemeinnützigen Wohngebäude acht Wohnungen. Die durchschnittlich meisten Wohnungen pro Gebäude findet man in Salzburg (10,2), Wien (9,8) und Kärnten (9,1). Die geringste durchschnittliche Zahl an Wohnungen pro Gebäude im gemeinnützigen Sektor findet man in Niederösterreich (6,1) und im Burgenland (4,5). Die Bundesländer mit den absolut gemessen meisten gemeinnützigen Gebäuden sind Niederösterreich (21.180), Wien (19.740) und Oberösterreich (17.350). In diesen drei Bundesländern befinden sich fast zwei Drittel aller gemeinnützigen Gebäude (64%) und Wohnungen (65%).

4. Die höchste bauliche Dichte weisen GBV-Gebäude aus der Bauperiode 1971-1980 auf, die geringste jene der Bauperiode 1919-1944.
Die durchschnittliche Gebäudegröße variiert auch stark nach Gebäudealter. Beim Blick auf die gesamtösterreichischen Daten zeigt sich eine „W-Kurve“. Das heißt, die ältesten Gebäude (bis 1919 errichtet) sind mit 9,9 Wohnungen pro Gebäude als überdurchschnittlich groß einzustufen, was sich jedoch in den Gebäuden der Zwischenkriegszeit (1919 bis 1944 errichtet) deutlich nach unten bewegt (4,2 Wohnungen pro Gebäude). In der Nachkriegszeit (seit 1945) gingen die durchschnittlichen Gebäudegrößen deutlich nach oben und erreichten mit 14 Wohnungen pro Gebäude in den 1971 bis 1980 errichteten Gebäuden einen Höhepunkt. Bis 2011 waren dann die Gebäudegrößen wieder rückläufig und erreichten im Jahrzehnt 2001-2010 durchschnittlich 6,4 Wohnungen pro Gebäude. Am aktuellen Rand (seit 2011 errichtete Gebäude) ist die durchschnittliche Wohnungsanzahl pro GBV-Gebäude wieder auf 8,3 gestiegen. 


Es zeigen sich jedoch auch leicht abweichende Trends in den Bundesländern. Am stärksten ausgeprägt ist diese „W-Kurve“ in Wien. In Wien ist vor allem auffallend, dass die Gebäudegröße (=Anzahl der Wohnungen im Gebäude) im letzten Jahrzehnt (seit 2011 errichtet) einen neuen Höchstwert von durchschnittlich 18,4 Wohnungen pro Gebäude erreicht hat. In Niederösterreich und im Burgenland ging in den letzten Jahrzehnten der Trend deutlich in Richtung geringere Gebäudegrößen. Während sich dieser Trend im Burgenland bis dato fortgesetzt hat, zeichnet sich in Niederösterreich eine leichte Trendumkehr ab in Richtung größere Gebäude. 

5. Mehr als 4 von 10 GBV-Gebäuden wurden seit 2001 errichtet. Den jüngsten Gebäudebestand hat das Burgenland, wo fast 80% aller GBV-Gebäude seit 2001 errichtet wurden. 
42% der im gemeinnützigen Eigentum befindlichen Gebäude wurden seit 2001 errichtet. Der Anteil der seit 1981 errichteten Gebäude beträgt sogar fast 70%. Auf die Nachkriegsphase (1945-1960) entfällt rund 6% des gemeinnützigen Bestandes, weitere 13% auf die Periode 1961-1980 (2). Auf die Zwischenkriegszeit entfallen in ganz Österreich 11%. Auf die Zeit vor 1919 entfällt lediglich 1% des gemeinnützigen Bestandes. Rund 11.100 der gesamten 91.400 GBV-Gebäude wurden also vor 1945 errichtet (12%). Die Bestände in den Bundesländern weichen zum Teil deutlich vom österreichischen Durchschnitt ab. 
Den jüngsten Gebäudebestand hat etwa das Burgenland. Fast 80% aller gemeinnützigen Wohngebäude im Burgenland wurden seit 2001 errichtet. Auch Niederösterreich weist mit einem Anteil von 63% einen sehr hohen GBV-Neubaubestand auf. Bundesländer mit einem höheren Anteil an älteren GBV-Wohngebäuden sind insbesondere Wien, Oberösterreich und Vorarlberg. In diesen drei Bundesländern liegt der Anteil der vor 1944 errichteten GBV-Gebäude deutlich über dem nationalen Durchschnitt von 12%. 

Der ausführliche Bericht inklusive Länderporträts befindet sich hier zum Download.

Verfasser: Gerald Kössl

 

(1) In der vorliegenden Auswertung der Gebäude- und Wohnungszählung aus dem Jahr 2022 sind einige Besonderheiten zu beachten, insbesondere im Vergleich zu Zahlen des Mikrozensus. Da es in der vorliegenden Auswertung um den gesamten Gebäude- und Wohnungsbestand im Eigentum von GBVs geht, wurden sowohl Wohnungen mit als auch Wohnungen ohne Hauptwohnsitz berücksichtigt. Damit sind auch jene Wohnungen inkludiert die aus Gründen wie etwa der Wiedervermietung oder der Sanierung vorübergehend leer stehen. Konkret sind alle Gebäude in der Auswertung enthalten, von denen zumindest 50% der Eigentumsanteile bei einer GBV liegen. Darunter fallen auch sogenannte „Mischobjekte“, d.h. Objekte in denen schon Wohnungseigentum begründet wurde, sich die Mehrheit der Wohnungen aber noch im Eigentum der GBV befindet (es also noch Großteils Mietshäuser sind).
(2) In diesen Zeitperioden hatten viele GBVs ihren Schwerpunkt auf der Errichtung von Eigentumswohnungen, die in dieser Analyse nicht inkludiert sind.