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Bauteilaktivierung bei GBVs

Die Sonne geht langsam unter, der Besuch im Freibad hat die erwartete Erfrischung gebracht, doch bei der Ankunft in der eigenen Wohnung schlägt einem eine Hitzewand entgegen. Vielen ist ein derartiges Szenario nicht fremd. Die ersten Hitzewellen haben Österreich heuer zwar erst später erreicht, aber sie werden mehr, dauern länger und es wird heißer. Gerade in den Städten und dichtverbauten Wohnanlagen potenziert sich dieses Problem. Daher ist die Kühlung von Wohnräumen ein wichtiges Thema, das auch die gemeinnützigen Bauvereinigungen jetzt und in Zukunft immer mehr beschäftigen wird. Klimaanalgen sind eine schnelle, meist optisch wenig ansprechende, laute und rechtlich schwierige Option Kühlung in die Wohnungen zu bringen. Hinzu kommt der enorme Stormverbrauch solcher Geräte. Eine elegante, nahezu unsichtbare Möglichkeit zur Wohnungskühlung ist die thermische Bauteilaktivierung (TBA), die zunehmend im Neubau zum Einsatz kommt – auch bei Wohnhausanlagen.

Eigentlich ist die TBA eine einfache und seit Jahren bekannte Technologie. Eingesetzt wurde sie in den letzten Jahren allerdings hauptsächlich zur Heizung und Kühlung im gewerblichen Bereich sowie in Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden. Durch den Trend zum klimagerechten Bauen wird die TBA nun auch im Wohnbau immer öfter eingesetzt. Die TBA ist vor allem durch ihre Speicherkapazität interessant geworden. Bei dieser Technik werden Rohrleitungen in massiven Bauteilen verlegt. Durch diese fließt dann Wasser als Heiz- bzw. Kühlmedium. Die Rohrleitungen können in Wänden, Decken oder Böden verlegt sein. Sie nutzen die Speichermassen dieser Bauteile zur Temperaturregulierung. Anders als bei der Fußbodenheizung, die im Estrich verlegt wird, werden bei der TBA die Leitungen auf der unteren Bewehrungsebene oder im Betonteil bereits beim Betoniervorgang montiert. So wird das gesamte Bauteil thermisch aktiviert.

Grenze der TBA

Aktuell ist der Einsatz der TBA nur bei Neubauten möglich. An einem Einsatz bei Sanierungsprojekten wird gerade geforscht. Nachteilig kann der thermische Zustand des Gebäudes sein: Für die TBA als einziges Heizsystem ist ein sehr guter thermischer Gebäudestandard Voraussetzung. Auch gute, aktuelle Standards reichen dafür nicht immer. Daher wird sie oft in Kombination mit anderen Heizquellen eingesetzt. 

Bewertung aus NutzerInnensicht

Für die Bewohnerinnen und Bewohner ergeben sich neben dem guten ökologischen und klimafreundlichen Gewissen auch weitere Vorteile in der Nutzung. Durch die große Strahlungsfläche entstehen im Gegensatz zu Heizkörpern keine Staubaufwirbelung und keine einzelnen Hitzequellen. Es werden im Winter Kälteinseln und Luftwirbelungen verhindert. Auch die Möblierbarkeit in der Wohnung steigt. Neben der Abgabe von Heizungswärme im Winter kann aber über die Aktivierung von Decken auch gekühlt werden. Gerade in den immer heißer werdenden Sommern ist das ein Thema, das im Gebäudebereich immer wichtiger wird. Übrigens: Das Heizen und Kühlen funktioniert über ein einziges System, wodurch die Haustechnik und die damit verbundenen Wartungskosten auf ein Minimum reduziert werden. Ein Problem stellt sich aber: Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen Vorsichtsmaßnahmen beim Bohren in die Decke bzw. die Wände beachten. 

GBVs als Pioniere

Mehrere GBVs haben in den letzten Jahren die TBA eingesetzt. Die GBV NEUES LEBEN errichtete gemeinsam mit Projektpartner und Initiator M2plus Immobilien GmbH in Stadlau (22. Wiener Gemeindebezirk) einen Wohnbau mit Bauteilaktivierung. Die Internationale Bauausstellung IBA Wien 2022 zeigt das Wohnquartier MGG22 mit dem innovativen Heiz- und Kühlsystem als „Game-Changer“ für die Energieversorgung im Wohnbau. Die Wärme für Beheizung und Warmwasser wird über Sole/Wasser-Wärmepumpen in Verbindung mit Erdwärme-Tiefensonden erzeugt. Insgesamt 30 Erdsonden mit je 150 Meter wurden gebohrt und verbaut. Die entzogene Erdwärme wird im Heizfall mit Hilfe einer Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau gebracht. Im Kühlungsfall wird Wärme ins Erdreich eingebracht und somit gleichzeitig regeneriert (mehr unter https://www.mgg22.at). 

MG 22 in Wien, © Manfred Seidl

In Theresienfeld in der Nähe von Wiener Neustadt errichtete die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft „Arthur Krupp“ Ges.m.b.H. ein gefördertes Wohnbauvorhaben mit dem Namen „Viertel hoch Zwei“ mit 28 Wohneinheiten in 4 Baukörpern. Bei diesem Projekt wurde viel Energie in Planung und Berechnungen im Vorfeld gesteckt: Insgesamt wurden etwa 20.000 Varianten von Konstruktion, Baumaterialien und Wärmeschutz, von Heizung, Haustechnik und Energieaufbringung geprüft. Dies nicht nur in Bezug auf die heutigen Baukosten, sondern auf die Kosten über die gesamte Lebensspanne des Gebäudes hinweg. So konnten bei diesem Projekt die Energiekosten sehr geringgehalten werden, sie liegen um 50-70% unter jenen eines durchschnittlichen Haushalts. Das Projekt wurde 2019 mit dem ÖGUT-Umweltpreis in der Kategorie „Stadt der Zukunft“ und mit „klimaaktiv Silber“ ausgezeichnet. 

20.000 Varianten wurden für diese Wohnanlage in Theresienfeld gerechnet, © Ing. Peter Leskovar

In Sommerein, Niederösterreich, entstanden durch die Südraum/EBSG im Wohnpark Wolfsbrunn ebenfalls 14 Reihenhäuser, die sich der TBA bedienen, 22 Wohnungen werden noch dazu gebaut. Architekt Ralf Steiner, AW/Architekten, schlug dem Bauträger die thermische Bauteilaktivierung als alternatives Heiz- und Kühlsystem vor. Das System ermöglicht umweltfreundliches Heizen und Kühlen, verhindert Zugluft und schafft durch gleichmäßige Strahlungswärme Komfort. Erneuerbarer Strom wird zu den kostengünstigsten Zeiten bezogen, in die Betondecke eingespeichert und bei Bedarf zur Temperierung der Räume verwendet. Das Pilotprojekt in Sommerein wird über ein Monitoring dazu beitragen, fortführendes Know-how zu gewinnen.

Wohnhausanlage in Sommerein, © EBSG

Klaus Bichler

 

Mehr Infos zur TBA u.a. unter: https://www.klimafonds.gv.at/wp-content/uploads/sites/16/FactSheet_Bauteilaktivierung.pdf