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Wie die Pandemie den europäischen Wohnungsmarkt verändert

Der alle zwei Jahre erscheinende Bericht zur Bestandsaufnahme der Wohnungsmärkte in Europa – State of Housing in Europe – widmete sich dieses Mal vor allem den Auswirkungen von COVID-19. Darin zeigt Housing Europe – der europäische Dachverband für gemeinnützigen und öffentlichen Wohnbau – dass das Bedürfnis nach leistbarem und sicherem Wohnen in ganz Europa gestiegen ist. 

Fast 10 % der europäischen Bevölkerung sind mit den Wohnkosten überbelastet und rund 17 % leben in überbelegten Wohnungen. Diese Zahlen stammen noch dazu aus dem Jahr 2019, also vor Corona. Es ist zu befürchten, dass sich diese Indikatoren Corona-bedingt weiter verschlechtern werden. Es leuchtet ein, dass solche Wohnsituationen Homeoffice und Distance learning zu wahren Herausforderungen machen. Verschlimmert wird diese Situation durch die sich ständig drehende Preisspirale: Seit 2009 sind die Hauspreise in Europa um 30 % gestiegen, die Mieten um 15 %. Diverse andere Berichte deuten darauf hin, dass sich die Preisspirale auch dieses Jahr trotz Corona weiter nach oben drehen wird.

 

Quelle: State of Housing in Europe

 

Auswirkungen von COVID-19 auf die Baubranche

Betroffen war in vielen europäischen Ländern auch der Bausektor. In Irland wurden rund 15 % weniger Wohnungen fertiggestellt. In Finnland kam es zu einem Rückgang an fertiggestellten Wohnungen von 10 %. Die Investments in den Wohnbau in Großbritannien fielen 2020 um 10 % - nicht nur wegen COVID-19-Restriktionen, sondern auch, weil die Investoren die Zukunft ungewiss sehen. 

Soziale Auswirkungen bereits sichtbar

Auch wenn die Auswirkungen von COVID-19 noch lange nicht in vollem Ausmaß abzuschätzen sind, zeigen erste Zahlen ein drastisches Bild davon, wie sich die bereits vor COVID-19 existierende Wohnungskrise zuspitzt: In England sind bereits 1,1 Mio Menschen auf den Wartelisten für Sozialwohnungen vorgemerkt, bis zu 2 Mio werden erwartet. Gleichzeitig gab es im März 2021 um rund 35% mehr Haushalte mit Mietrückständen im Vergleich zum März 2020 (vor Corona). In Tschechien befürchtet jeder Achte, dass er oder sie seine Unterkunft im nächsten Jahr verlieren könnte. In Italien wiederum ist die Anzahl an Personen im privaten Mietsektor mit Mietrückständen von 10 auf 24 % geklettert. Solche Entwicklungen haben auch die Politik dazu bewegt, verschiedenste Maßnahmen zu setzen.

Unterschiede bei Kurzzeitvermietung

Unterschiedliche Auswirkungen hatte die COVID-19-Pandemie bis jetzt auf die Vermietung über AirBnB. Während in Dublin oder Prag die Vermietungen deutlich zurückgingen und die Wohnungen auf dem regulären Mietmarkt wieder zu finden waren, hat sich die Situation in Lissabon kaum verändert. Die auf AirBnB angebotenen Wohnungen haben sich nur um 10 % verringert. 

Politische Maßnahmen

Viele europäische Länder, wie auch Österreich, reagierten mit gesetzlichen Maßnahmen auf die Krise. Delogierungsstopps wurden in 11 europäischen Ländern eingesetzt. Ergänzend gab es Maßnahmen zur Mietdeckelung wie das Einfrieren der Miete, Mietaufschub oder befristetet Mietaussetzungen. Auf Seite der Haus- und Eigentumswohnungsbesitzer setzten die europäischen Staaten sehr stark auf Kreditstundungen (AT, CZ, DE, GR, IR, IT, PT, ESP). 

Grüner Neustart

Viele europäische Länder sehen die COVID-19-Pandemie aber auch als Chance für einen Neustart und nutzen den von der EU geschaffenen 750 Milliarden schweren Aufbaufonds, um diverse Konjunkturpakte zu schnüren, in denen der Bau leistbarer Wohnungen und die Sanierungstätigkeit eine wichtige Rolle einnehmen. Frankreich hat einen Plan vorgestellt, der 500 Mio. Euro für klimafitte Sanierung im Sozialen Wohnbau bis 2022 zur Verfügung stellt. Auch Italien plant 2 Mrd Euro aus dem EU-Fonds in die Erneuerung des sozialen Wohnbaus zu investieren. Der Fokus soll dort auf energetische Sanierung, Erdbebensicherheit und Studentenwohnungen liegen. Der Aufbaufonds ist auch zentraler Bestandteil des europäischen Green Deals mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050.

Den ganzen Bericht finden Sie unter: https://www.stateofhousing.eu/ 

 

Quelle: State of Housing in Europe