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OECD Report sieht Österreichs GBVs als Vorbild

In einem kürzlich erschienenen Bericht zur Wohnversorgung in Lettland verweist die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) explizit auf das österreichische System der Wohnungsgemeinnützigkeit als best-practice-Modell. Während es nicht das erste Mal ist, dass auf das österreichische Modell verwiesen wird, so ist es doch ein Unikum, dass die OECD nun konkrete Elemente der Wohnungsgemeinnützigkeit beschreibt und als Lösungsansätze vorschlägt.

Wohnungskrise trotz geringer Wohnkosten

Zunächst kurz zum Kontext: Lettland – ähnlich wie viele andere Länder Osteuropas – leidet immer noch unter dem Erbe der rasch durchgeführten Privatisierung der Wohnungen aus der Sowjetzeit. Diese findet man insbesondere im städtischen Raum. 85% der Bevölkerung Rigas etwa wohnen in solchen Wohnungen. Fehlende Maßnahmen zur Gebäudeerhaltung haben dazu geführt, dass dieser Gebäudebestand heute in einem sehr schlechten Zustand ist. Die Neubautätigkeit ist bis dato sehr träge und richtet sich vor allem an Haushalte mit höheren Einkommen. Der soziale Wohnbau existiert nur mehr als Restgröße in einer Größenordnung von 2 % des Wohnungsbestandes. Gleichzeitig tragen andere wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen zur angespannten Situation am Wohnungsmarkt bei: niedrige Einkommen, Abwanderung (vor allem von Jungen), eine (dadurch) rasch alternde Bevölkerung bei gleichzeitigem Trend zu Einpersonenhaushalten. Dies hat dazu geführt, dass einerseits bestehende Haushalte relativ geringe Wohnkosten haben, allerdings bei schlechter Wohnqualität sowie oftmals Überbelag und andererseits neuer Wohnraum teuer ist und dadurch auch Umzüge nicht stattfinden.

Leistbare Mietwohnungen ermöglichen berufliche Mobilität

Gerade für die wirtschaftliche Entwicklung ist diese Kombination äußerst brisant: Mangelnder leistbarer Wohnraum verhindert die notwendige Arbeitskräftemobilität. Vor allem Jüngere können sich trotz höherer Einkommen keinen Wohnraum in der Hauptstadt Riga oder anderen Städten leisten. Die OECD stellt aber auch generell fest, dass Wohnungseigentümer – in beinahe allen OECD Ländern - weniger mobil sind als Mieter und dass das Fehlen eines leistbaren Mietsektors mittlerweile als Bremse für die gesamte Wirtschaft wirkt. In diesem Zusammenhang unterbreitet die OECD einige konkrete Empfehlungen, die sich stark an die österreichische Gemeinnützigkeit anlehnen.

Die österreichische Wohnungsgemeinnützigkeit als internationales best-practice-Modell

Die OECD leitet aus ihrem Bericht eine Reihe an Empfehlungen ab, die neben der Renovierung des alten Wohnungsbestandes auch auf die Etablierung eines Mietsektors abzielt. Dabei hat die OECD insbesondere das sogenannte „missing middle“ – die breite Mittelschicht - im Visier, also die Haushalte, die weder Anspruch auf eine der wenigen Sozialwohnungen noch auf Wohnbeihilfe haben, deren Einkommen aber nicht für den Eigentumserwerb ausreicht. Laut OECD fallen in Lettland 44% aller Haushalte in diese Kategorie.

Das österreichische Modell stößt insbesondere aufgrund seiner Kosteneffizienz und dessen Prinzip der Vermögensbindung auf so großes Interesse. Anders formuliert: Das erwirtschaftete Kapital der Gemeinnützigkeit fließt durch seinen „revolvierenden“ (d.h. rückfließenden) Charakter wiederum in die gemeinnützige Wohnungswirtschaft, um entweder neue Wohnungen zu errichten oder bestehende instand zu halten bzw. zu renovieren. Es kommt daher nicht den privaten Interessen einiger weniger zugute. Die OECD hebt insbesondere auch den Erfolg der österreichischen Gemeinnützigen hervor, sowohl öffentliche als auch private Geldmittel aufzubringen, insbesondere in der Form rückzahlbarer Darlehen. Die Studie kommt zum Schluss, dass diese Art der Finanzierung langfristig gesehen auch für die öffentliche Hand die geeignetste Variante ist, da den Ausgaben auch Rückflüsse gegenüberstehen.

Im Zitat schlägt die OECD für Lettland Folgendes vor:

Gemeinnützige als Dritter Sektor

„Gemeinnützige Wohnbauvereinigungen in Österreich bilden einen eigenständigen Dritten Sektor, sie sind weder im staatlichen Eigentum noch primär profitorientiert.“ (…)

Die Vermögensbindung als revolvierendes System

„Gemeinnützige Wohnungsanbieter (not-for-profit oder limited-profit) können eine wichtige Rolle in der Schaffung von leistbarem Wohnraum einnehmen, insbesondere in Kombination mit einem revolvierenden Fonds (i.e. der Sozialbindung des erwirtschafteten Vermögens). Gemeinnützige Wohnungsunternehmen sind normalerweise dazu verpflichtet, Überschüsse wieder in den Neubau oder die Sanierung zu investieren und deren Mieten sind in den allermeisten Fällen deutlich unter der gewerblichen/privaten Miete. Darüber hinaus schaffen es gemeinnützige Wohnbauträger Geldmittel aus dem öffentlichen als auch dem privaten Sektor zu lukrieren, wie dies etwa bei den gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen in Österreich der Fall ist.“

„Ein Teil der Miete kann dazu verwendet werden, um die Darlehen zurückzuzahlen, und diese passen sich den Rückzahlungsmodalitäten an. Nach Rückzahlung könnten etwaige Überschüsse aus den Mieten dazu verwendet werden um Kapital aufzubauen, welches wiederum in den Neubau und die Sanierung fließt. Um die Instandhaltung der Gebäude zu gewährleisten, könnte ein kleiner Aufschlag verrechnet werden, der dann speziell dafür verwendet wird. Dies ist zum Beispiel der Fall bei GBVs in Österreich, die 3,5% Eigenkapitalverzinsung und 2% Rücklagen zur Risikoabdeckung verrechnen dürfen.“

Im Original auf Englisch:

“In Austria, housing associations are a distinctive third sector in the housing market; they are neither state-owned nor profit-driven. The Limited-Profit Housing Act sets out the key governance principles for the entire sector.”

“Not-for-profit or limited-profit housing providers can become an important additional source of affordable housing, coupled with revolving funds. Not-for-profit or limited-profit providers are usually obliged to reinvest surpluses in new housing developments and maintenance and tend to provide lower rents than private providers. Moreover, they can be a vehicle to channel funds from both public and private sources to support affordable housing, as exemplified by a typical financing of a rental housing development by housing associations in Austria.“ (Seite 63)

“Set up a revolving fund that could provide cheap long-term financing for new housing developments and maintenance through loans. The fund could finance new developments and maintenance through government-guaranteed loans and private loans. Financing periods can span over 50 years at a lower than-market rate. A share of the rents could be used to pay back the loans. Rents could then be adjusted as the loans are repaid. Even after the loans are repaid, rents could contribute to the fund to help finance new developments and maintenance. A small mark-up could be added to the rents to build savings and maintenance (for example, in Austria housing associations charge a 3.5% interest on equity investment and 2% mark-up for risk mitigation). Operating costs for administering the fund would be relatively limited and included in the rents.” (Seite 87)

Der gesamten Bericht lesen Sie hier.

Die englische Version finden Sie hier.

Autor: Gerald Koessl, Wohnwirtschaftliches Referat