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Wohnen im Regierungsprogramm

Ein Regierungsprogramm, das im Idealfall Ideen und Leitlinien für fünf Jahre Regierungszeit beinhalten soll, enthält selbstverständlich nur zum Teil konkrete gesetzliche Vorhaben. Es ist aber doch mehr als nur eine Ansammlung von Textbausteinen, die nur wenig Spielraum für konkrete Interpretationen lassen. Vielmehr zeigt es, in welche Richtung es gehen wird.

Ökologisierung

Der Bereich Wohnen im neuen Regierungsprogramm legt gleich zu allererst dar, dass es Investitionsanreize für Sanierungen und Neubau (insbesondere auch durch Abschluss eines neuen Finanzausgleichs ab 2022) geben soll. Vorrang sollen dabei Nachverdichtung und Überbauung vor Versiegelung grüner Wiesen haben. Es soll die Förderung von flächenoptimierten Bauweisen bei Neubauten berücksichtigt werden. Diese ökologischen Aspekte finden sich auch in anderen Punkten:

  • Die Vergabe von Wohnbaufördermitteln soll nur noch unter der Voraussetzung, dass umweltschonend gebaut wird, erfolgen.
  • Es soll eine Erhöhung bzw. Schaffung neuer Abschreibungsmöglichkeiten für Neubauten und Sanierung geben, dafür aber Bauweisen unter höchsten ökologischen Aspekten.
  • Aufnahme von Gesprächen mit den Bundesländern mit dem Ziel, dass Bauordnungen zum Erreichen der Pariser Klimaziele gemäß dem Reduktionspfad beitragen.
  • Die Länder sollen klimarelevante Maßnahmen in den Bauordnungen implementieren.
  • Die Länder sollen zur Unterstützung der E-Mobilität im Rahmen der Bauordnungen Leerverrohrungen allenfalls verpflichtend vorsehen.
  • Im Rahmen der 15a-Vereinbarung zur Energieeffizienz sollen Bezugsgrößen wie Total Costs of Ownership implementiert werden.

Explizit wird auch die Zielsetzung „Right to Plug“ genannt. Dies geht mit der europarechtlichen Verpflichtung, E-Mobilität zu forcieren, einher. Über die genaue Umsetzung ist noch nichts bekannt.

Eigentumsbildung fördern

Unter diesem Punkt finden sich neben Maßnahmen zur Baukostensenkung in Zusammenarbeit mit den Ländern (konkret der Schaffung bundesweit einheitlicher Regelungen zu technischen Vorschriften, Rücknahme von ineffizienten Standards und Normen, Beschleunigung der Bauverfahren) die konkretesten Ideen.

So soll der Mietkauf als sozial orientierter Start ins Eigentum forciert werden. Konkret soll eine Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes von 20 auf 10 Jahre beim Erwerb von Mietwohnungen mit Kaufoption erfolgen. Auch soll die Schaffung eines Ansparmodells für den Miet-Kauf in Angriff genommen werden.

Die Überprüfung des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes hinsichtlich der Weitergabe der Kreditkonditionen bei der Übergabe von der Wohnbaugenossenschaft auf den Mietkaufenden steht ebenfalls im Regierungsprogramm.

Baulandmobilisierung

Hier ist vorgesehen, dass Unternehmen, die dem Bund mehrheitlich gehören, wie ÖBB, BIG udgl. angeleitet werden, bei Grundstücksverwertungen von Bauland geförderten Wohnbau besonders zu berücksichtigen. Grundsätzlich soll angestrebt werden, den Grundstücksbestand in der öffentlichen Hand zu behalten und an Dritte hauptsächlich per Baurecht zu vergeben. Auch eine explizite verfassungsrechtliche Regelung der Vertragsraumordnung zur Erhöhung der Rechtssicherheit (Prüfung der Überführung vom zivilen ins öffentliche Recht) ist vorgesehen.

Änderungen bei MRG, WGG, WEG etc.

Hier soll in erster Linie ein Prozess gestartet werden. So heißt es: „Unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Expertinnen und Experten, Ländern und Gemeinden, der Zivilgesellschaft, Kammern und Interessenvertretungen wird im Rahmen parlamentarischer Instrumente (z.B. Wohnraum-Enquete, Dialogforen) das Wohnrecht (MRG, WGG, WEG, ABGB, WBF) reformiert“. Ziel ist es, bis Ende der Legislaturperiode koordinierte Maßnahmen zu formulieren und umzusetzen, die alle wesentlichen Regelungsbereiche behandeln.

Konkreter wird es beim WEG. Eine Novellierung und Modernisierung des WEG soll die Durchsetzbarkeit von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen erhöhen (u.a. Überprüfung der verfahrensrechtlichen Vorschriften). So ist eine Erleichterung der Beschlussfassung bzw. eine Schaffung von neuen Mehrheitsverhältnissen (z.B. Elektro-Tankstellen und Photovoltaik-Anlage) unter Wahrung berechtigter Minderheitsrechte vorgesehen. Maßnahmen zur Dekarbonisierung sollen nicht mehr unter „Verbesserung“, sondern unter „Erhaltung“ subsumiert werden. Ebenso sollen Energieeffizienzmaßnahmen unter gewissen Voraussetzungen (wie die Deckung durch die Rücklagen) auch von qualifizierten Mehrheiten beschlossen werden können. In Anlehnung an den gemeinnützigen Wohnbau sollen auch im privaten Mehrparteienwohnbau verpflichtende Erhaltungsrücklagen implementiert werden.

Wohnbauförderung

Als weiterer Punkt soll noch die Wohnbauförderung erwähnt werden. ÖVP und Grüne haben die Wiedereinsetzung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung zum Ziel, auch wenn diese Landessache ist. Im Rahmen des Finanzausgleichs will die Bundesregierung darauf Einfluss nehmen, dass die Einnahmen und Rückflüsse der Wohnbauförderung wieder für Wohnen zweckgewidmet werden. Wie bereits oben erwähnt, sollen diese auch nur noch unter der Voraussetzung vergeben werden, dass umweltschonend gebaut wird.

Digitalisierung beim Bauen

Neben der Ausweitung der Automatisierung/Digitalisierung und der Reduktion der Medienbrüche findet sich auch das Building Information Modelling (BIM) im Regierungsprogramm. BIM soll verstärkt in der öffentlichen Beschaffung berücksichtigt werden. Inwiefern das Auswirkungen auf GBVs hat, bleibt abzuwarten.

Der Verband der gemeinnütziger Bauvereinigungen wird die konkreten Schritte beim Thema Wohnen in gewohnter Weise beobachten und alle Stakeholdern gerne mit seiner Expertise im Bereich Wohnbau unterstützen.

 

Klaus Bichler, Leiter der Presseabteilung (GBV)