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Position des Verbands zur Umsetzung der Basel III-Reform

Bei den „Basel-Abkommen“ handelt es sich um Festlegungen des Basler Bankenausschusses, der sich aus Zentralbanken und Aufsichtsbehörden aus 28 Ländern zusammensetzt. Diese Festlegungen betreffen u.a.  die Bewertung von Kreditrisken und in Abhängigkeit davon die Eigenkapitalausstattung von Banken. Die erforderliche Eigenkapitalunterlegung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Konditionen von Krediten -   je höher die Eigenkapitalunterlegung durch Banken, desto höher die Kreditzinsen. Da einige der geplanten Maßnahmen negative Auswirkungen auf die Finanzierungskonditionen von Gemeinnützigen Bauvereinigungen haben könnten – und in Folge dessen auf die Höhe der Mieten – hat sich der GBV mit einer Stellungnahme beteiligt.

Eine Darstellung der geplanten Änderungen im Rahmen von BASEL III („BASEL IV“) sowie der erwarteten Auswirkungen auf die gemeinnützige Wohnungswirtschaft finden Sie hier.

Berücksichtigung des gemeinnützigen Geschäftsmodells

In Absatz 68 des Abschnitts „Immobilien“ geht das Reformpaket explizit auf das Geschäftsmodell von gemeinnützigen Bauvereinigungen ein, und zwar im Zusammenhang mit Projektgesellschaften (Income producing real estate, IPRE, Absatz 68). Allgemein gelten nämlich für Immobilienkredite, deren Absicherung vom Cash-Flow (also den Miet- oder Verkaufserlösen) eines einzelnen Immobilienprojekts abhängt, erhöhte Risikogewichte. Allerdings wird anerkannt, dass bestimmte Vorhaben aus dieser Regelung grundsätzlich auszunehmen sind. Dazu zählen u.a. Immobilienkredite an öffentliche Unternehmen und Gemeinnützige Vereinigungen, die nach nationalem Recht geregelt sind, einen sozialen Auftrag haben und ihren Mietern langfristige Wohnmöglichkeitenbieten. 1 Selbst wenn gemeinnützige Bauvereinigungen im Regelfall ohnehin mit ihrem kumulierten Eigenkapital und nicht bloß mit dem Cashflow eines einzelnen Projekts für den Kredit haften, ist diese explizite Klarstellung erfreulich. Sie zeigt, dass der Bankenausschuss grundsätzlich zwischen einem spekulativen und einem gemeinwohlorientierten Geschäftsmodell unterscheidet.

Diese Differenzierung zieht sich jedoch nicht durch alle Regelungsbereiche hindurch, weshalb es auch zu nachteiligen Änderungen für die Wohnbaufinanzierung im gemeinnützigen Sektor kommen würde. Die Hauptforderung des Verbands lautet daher, die Ausnahmebestimmung für das Geschäftsmodell des gemeinnützigen Sektors auch auf folgende Bereiche auszudehnen:

Forderungen des Verbands

1.      Keine Erschwernis der Baufinanzierung im gemeinnützigen Sektor

Mit Umsetzung der Basel III – Standards würden die Risikogewichte für die Immobilienklasse (35% im Standardansatz) erst ab „vollständiger Fertigstellung“ der Immobilie zur Anwendung kommen. Für die Finanzierung von Grundstücksankäufen und die Baufinanzierung von Wohnimmobilien ist nun unter der Kategorie „ADC“ (land acquisition, development and construction) ein Risikogewicht von 150% vorgesehen. Hierbei wird keine Differenzierung nach Rechtstyp des Bauträgers (gewerblich oder gemeinnützig) sowie nach der Rechtsform der Wohnungsüberlassung (Miete, Eigentum) vorgenommen. Lediglich eigengenutzte Objekte mit bis zu vier Wohneinheiten, sollen vom Erfordernis der Baufertigstellung ausgenommen werden.

Diese Vorgehensweise erscheint zu wenig differenziert und nicht sachgerecht. Im Falle von langfristig orientierten Bauträgern ist das Kreditausfallsrisiko während der Bauphase nicht höher als ab Fertigstellung der Wohnungen. Es entspricht zudem nicht der Markteinschätzung, bei der Baufinanzierung ein gewerbliches Immobilienprojekt zum Zweck des Abverkaufs von Eigentumswohnungen bei der Risikoeinstufung gleich zu behandeln wie die Errichtung geförderter Mietwohnungen durch gemeinnützige Bauvereinigungen, die die langfristige Wohnversorgung breiter Bevölkerungsschichten mit geregelten Mieten zur Aufgabe haben.

Die Kreditausfallsquote für den gemeinnützigen und staatlich geförderten Mietwohnbau ist in Österreich signifikant niedriger als bei Privatpersonen – sie liegt seit mehreren Jahrzehnten bei Null. Eine Erhöhung des Risikogewichts in der Baufinanzierung von derzeit 35% auf 150% widerspricht nicht nur der Risikosensitivität, sondern würde auch zu einer signifikanten Erhöhung der Kreditzinsen und, aufgrund des kostendeckenden Entgelts, zu einer spürbaren Erhöhung der Wohnkosten für die Mieter des gemeinnützigen Wohnbaus führen.

Der Verband empfiehlt daher, in Analogie zu Absatz 68, wonach gemeinnützige Bauvereinigungen aufgrund ihrer substanziell niedrigeren Risikoaffinität aus der Behandlung als IPRE (income producing real estate) ausgenommen werden, auch bei ADC (in Bau befindliche Immobilien) eine Ausnahme einzuführen.

2.      Ermöglichung niedrigerer Risikogewichte im IRB-Ansatz

Die BASEL III - Reform sieht die Einführung von Untergrenzen für die Risikogewichte im IRB-Ansatz - das ist jener Ansatz, in dem die Risiko­gewichte nach einem bankeninternen Rating festgesetzt werden - vor. Diese Untergrenzen werden in Prozent des Standardansatzes angegeben und bis zum Jahr 2027 schrittweise angehoben. Banken dürfen demnach auch dann, wenn sie selbst die Risikobewertung ihrer Finanzierungs­projekte durchführen, bestimmte Mindest-Risikogewichte nicht mehr unterschreiten („Output floor“).

Die Einführung dieser Mindest-Risikogewichte im IRB-Ansatz führt jedoch in jenen Geschäftsbereichen, die bisher aufgrund des internen Ratings mit sehr niedrigem Risikogewicht eingestuft wurden, zu einer deutlichen Verschlechterung der Finanzierungskonditionen. Dazu zählt die Finanzierung von Wohnimmobilien durch gemeinnützige Bauträger. GBV errichten überwiegend öffentlich geförderte Mietwohnungen, für welche sie kostendeckende und gesetzlich geregelte Mieten verlangen. Sie stehen unter behördlicher Aufsicht, ihre Geschäftstätigkeit wird in der jährlichen Revision hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, der Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung sowie der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen geprüft. Da die Kreditausfallsrate bei GBV bei Null liegt, werden die Unternehmen der Branche aktuell im IRB-Ansatz mit äußerst niedrigen Risikogewichten eingestuft. Die schrittweise Einführung eines Output floors von 72,5% des Standardansatzes würde zu einer erheblichen Erhöhung (Verdreifachung und mehr) der erforderlichen Eigenmittelunterlegung der darlehensgebenden Banken führen und damit zu einer Erhöhung der Finanzierungskosten. Dies entspricht zum einen in keiner Weise dem niedrigen Geschäftsrisiko, und führt zum anderen aufgrund des Kostendeckungsprinzips zu einer Erhöhung der Wohnkosten für die Mieter des gemeinnützigen Wohnbaus.

Der Verband fordert daher, auch bei den Output Floors für IRB das Geschäftsmodell solcher Unternehmen angemessen zu berücksichtigen und die bisherige Regelung (ohne verpflichtende Mindestrisikogewichte im IRB-Ansatz) beizubehalten bzw. die nationalen Aufsichtsbehörden zu ermächtigen, Ausnahmen vom einheitlichen Output Floor für bestimmte risikoarme Bereiche zu definieren.

Allianzen in Österreich und Europa

Mehrere andere österreichische Interessensvertretungen, wie etwa die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer, haben sich ebenfalls an der Konsultation beteiligt. Auch sie befürworten eine Ausweitung der Ausnahmeregelungen in BASEL III für das Geschäftsmodell des gemeinnützigen oder des geförderten Wohnbaus. Weiters fand auch ein Austausch innerhalb von Housing Europe, dem europäischen Dachverband der öffentlichen, genossenschaftlichen und sozialen Wohnbauträger statt.

An den Grundintentionen von BASEL III – der höheren Risikosensitivität im Bankengeschäft und der Vermeidung von Bankenpleiten im großen Maßstab – wird (und sollte wohl auch) nicht mehr gerüttelt werden. Die eine oder andere Stellschraube lässt sich aber sicherlich noch adjustieren – und es wäre zu wünschen, dass dies in Richtung einer stärkeren Berücksichtigung unterschiedlicher Geschäftsmodelle geht. Dies entspräche schließlich auch einem wesentlichen Ziel von Basel III – der stärkeren Orientierung der Kreditgeschäfte an den tatsächlichen Risken.

 

Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald

 

[1]An exposure secured by residential real estate property to public housing companies and not-for-profit associations regulated under national law that exist to serve social purposes and to offer tenants long-term housing”