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Wohnen – egal für wen, egal in welcher Lebenssituation

Gerade in der besinnlichen Zeit rücken Menschen, denen es nicht so gut geht, in den Vordergrund der medialen Berichterstattung. In Obdachlosenküchen gibt es Unterstützungsaktionen, die Caritas ist mit dem Kältebus unterwegs, es werden diverse Spendenaktionen für Menschen in Not gestartet. Unabhängig von der Jahreszeit sehen es gemeinnützige Bauvereinigungen seit jeher als ihre ureigenste Aufgabe, Wohnraum für Menschen zu schaffen, die ihn dringend benötigen. Das schließt selbstverständlich auch obdachlose Menschen mit ein. In allen Bundesländern sind GBVs an verschiedensten Projekten für Wohnungslose beteiligt. Neben der Berücksichtigung von sozialen Bedarfsgruppen im Rahmen der „normalen Wohnungsvergabe“ haben sehr viele GBVs auch spezialisierte, zweckgewidmete Wohnungsangebote, zeigt eine Studie: 82 % der befragten GBVs richten sich mit mindestens einem Objekt an eine soziale Zielgruppe, insgesamt sind knapp 11.000 Wohneinheiten bzw. 3,4 % des Mietwohnungsangebots der befragten GBVs für soziale Bedarfsgruppen zweckgebunden. 16 % der befragten GBVs haben Angebote für Nichtsesshafte oder von Wohnungslosigkeit Bedrohte.

Housing first
GBVs sind in den letzten Jahren zunehmend in Housing First Projekte involviert. Housing First meint einen relativ neuen Ansatz in der Sozialpolitik und soll eine Alternative zum herkömmlichen System von Notunterkünften und Übergangswohnungen bieten. Wohnungslose können so direkt in eine „eigene“ Wohnung ziehen. Sie erhalten als ersten Schritt zurück in die Gesellschaft einen Schlüssel und einen Mietvertrag für eine normale Mietwohnung, für die sie auch aus eigenen Einkünften (inkl. Arbeitslosengeld / Mindestsicherung) aufkommen müssen. Parallel gibt es einen Betreuungsvertrag mit einer Sozialorganisation, die die Klienten bei der Alltagsorganisation unterstützt (z.B. Behördengänge, Arbeitssuche, ggf. betreutes Konto), aber organisatorisch und finanziell unabhängig von der Hausverwaltung ist.
Die meisten „Housing First“ Wohnungen in Österreich werden von GBVs zur Verfügung gestellt – sieben von neun aktiven Housing First Programmen mit insgesamt rund 2.000 Wohnungen werden mit überwiegender oder sogar ausschließlicher Beteiligung von GBVs auf der Vermieterseite umgesetzt. Die längste Erfahrung hat man mit diesem Ansatz in Vorarlberg (Soziales Netzwerk Wohnen, s.u.), in Wien und in Niederösterreich.

Zusammenarbeit mit Ländern
Einige Bundesländer gehen mit den GBVs gemeinsame Wege, wenn es darum geht, der Wohnungslosigkeit den Kampf anzusagen. Seit dem Jahr 2006 hilft das Soziale Netzwerk Wohnen (SNW) in Vorarlberg Betroffenen, eine passende und vor allem leistbare Wohnung zu finden. Die Wohnbauförderungsabteilung des Landes stellt in Zusammenarbeit mit den Gemeinden sicher, dass parallel zum Bau einer neuen Wohnanlage zumindest eine Wohnung für die Vergabe im Rahmen des Sozialen Netzwerks Wohnen zur Verfügung gestellt wird. Über 160 Wohnungen in fast 50 Gemeinden stehen aktuell zur Verfügung. Auch hier ist es Ziel, die Menschen möglichst wieder in ein normales Wohnumfeld zu integrieren – eigenverantwortlich und mit eigenem Mietvertrag. Eine ambulante Betreuung durch die Stellen der Vorarlberger Wohnungslosenhilfe (Caritas, Kaplan Bonetti Beratungsstelle und das IfS) kann ergänzend gebucht werden. Alle drei in Vorarlberg tätigen gemeinnützigen Bauvereinigungen (VOGEWOSI, Wohnbauselbsthilfe und Alpenländische Heimstätte) sind an dem Projekt Soziales Netzwerk Wohnen beteiligt.

In Niederösterreich hat sich der „Verein Wohnen – Verein zur Hilfestellung für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen“ der Thematik angenommen. Er organisiert u.a. Übergangswohnungen von Mietwohnungen im Zentralraum NÖ für Menschen, die wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Hier beträgt die Wohndauer maximal 3 Jahre, eine sozialarbeiterische Beratung und Unterstützung ist vorgesehen. Ein anderer Schwerpunkt ist die NÖ Wohnassistenz. Sie vermittelt leistbare Wohnungen an Menschen in sozialen und/oder finanziellen (Wohnungs-) Notlagen und stellt diese für 1 Jahr zur Verfügung. Mithilfe sozialarbeiterischer Begleitung soll die Wohnungserhaltungsfähigkeit erreicht werden. Die Wohnung kann dann in Hauptmiete übernommen werden. Bei beiden Projekten sind die Partner auf Vermieterseite im Regelfall GBVs.

Kooperationen mit NGOs
GBVs verstehen sich als aber auch auf anderen Ebenen als Partner der Wohnungslosenhilfe, sei es im Bereich Wohnungssicherung, der Delogierungsprävention oder als Partner diverser NGOs.

Ein Projekt, das wohnungslosen Menschen einen Neustart ermöglichen soll, hat Heimat Österreich im Jahr 2018 eröffnet (zum Projekt). Im Salzburger Stadtteil Riedenburg wurde ein Haus mit 55 Wohnungen sowie ein Gemeinschaftsraum als Kooperationsprojekt von Heimat Österreich, Studentenwerk und Caritas errichtet. Die Bruttomiete pro Wohnung liegt mit 335 Euro pro Monat deutlich unter dem aktuellen Marktpreis. Das hilft nicht nur den bedürftigen Menschen, sondern auch der öffentlichen Hand in Stadt und Land, die sich dadurch rund 50 Euro pro Klienten und Monat an sozialen Leistungen wie beispielsweise Wohnbedarfshilfe spart. Die Vergabe der Wohneinheiten erfolgt grundsätzlich durch die Caritas Salzburg - in enger Abstimmung mit dem Magistrat der Stadt Salzburg. In dem Haus wohnen die Menschen auf Zeit, maximal drei Jahre. Für Akutfälle sind Übergangswohnungen mit einer Aufenthaltsdauer von bis zu zwei Monaten geschaffen worden.

Ein anderes Projekt ist das neunerhaus Hagenmüllergasse, Wien-Landstraße (zum Projekt), bei dem die WBV-GPA Wohnbauvereinigung für Privatangestellte als Bauherr fungierte. 79 Kleinstwohnungen sind trotz anspruchsvoller finanzieller Bedingungen in Passivhausqualität mit Komfortlüftung errichtet worden. Ein begrünter Innenhof, Cafeteria und eine kleinteilige Erschließung ermöglichen Begegnung und Rückzug auch außerhalb der eigenen vier Wände. Diese komplexe Bauaufgabe wurde auch mit dem Staatspreis Architektur 2017 ausgezeichnet.

Weiterführende Information zum Thema Wohnungslosigkeit: BAWO – Wohnen für alle. Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe http://www.bawo.at/

 

Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald, wohnwirtschaftliches Referat (GBV)

Klaus Bichler, Leiter der Presseabteilung (GBV)