Forschungsprojekt liefert neue Ergebnisse zur E-Mobilität
Ein wichtiger Baustein, um unseren CO2-Ausstoß einzudämmen, ist der Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel. Eine der derzeit meist diskutierten Technologie im Individualverkehr ist die Elektromobilität. Neben Fragen zum Baurecht, der wohnrechtlichen Einordnung und den teilweise ungeklärten Zuständigkeiten stellen sich aber noch viele technische Fragen, wie Elektromobilität für möglichst viele Menschen technisch umzusetzen ist. Vor allem bei der Nachrüstung von Ladestationen gibt und gab es immer wieder kritische Stimmen ob der Realisierbarkeit. „Halten das die Stromnetze überhaupt aus?“, konnte man immer wieder hören.
In einem vor Kurzem präsentierten Forschungsprojekt von e7 Ingenieurbüro für Energie- und Umwelttechnik, Wien Energie, Wiener Netze, dem Energy Center und der gemeinnützigen Bau-u. Wohnungsgenossenschaft „Wien-Süd“ wurde das „Elektromobilitätsszenario 2030“ in einer bestehenden Wohnhausanlage getestet. Die Ausgangssituation war die Nachrüstung im Bestandswohnbau. Geklärt werden sollten die drei Hauptfragen:
• Reicht die Leistungskapazität des bestehenden Hausanschlusses?
• Entstehen negative Rückwirkungen in das vorgelagerte Stromnetz?
• Funktioniert das Lastmanagement?
Getestet wurde an einem Bestands-Wohnhaus der Wien Süd auf einer Stiege mit 22 Wohneinheiten. Dort wurden in der Tiefgarage eine gemeinschaftliche e-Ladeinfrastruktur mit 12 Wallboxen inkl. Lastmanagement installiert. Je 1 e-Pkw (Marken: BMW, Hyundai, Kia, Nissan, Renault, VW) wurde testweise den 12 e-Pkw-NutzerInnen zur Verfügung gestellt.
Während des 6-wöchigen Pilotzeitraum im März und April 2019 fand ein detailliertes Energiemonitoring mit Live-Webplattform statt. Zusätzlich wurden in den Fahrtenbüchern der NutzerInnen Fahr- und Ladeverhalten dokumentiert. Sowohl die gefahrenen Kilometer (durchschnittlich rund 1750 km) als auch das Ladeverhalten (85 % zu Hause) entsprachen dem typischen österreichischen Fahrverhalten. So konnte ein repräsentatives Szenario umgesetzt werden.
Die Erkenntnisse und Empfehlungen
Die Befürchtungen, dass das Stromnetz für flächendeckende E-Car-Nutzung nicht geeignet ist, konnten in diesem Test widerlegt werden. Auch zu den Tageslastspitzen, die durch die Ladeinfrastruktur um bis zu 100 % erhöht waren, wurde die maximal verfügbare Hausanschlusskapazität nicht erreicht. Es wurden keine negativen Auswirkungen im vorgelagerten Stromnetz festgestellt, alle Normgrenzwerte wurden eingehalten. Eine problemlose Versorgung der Ladeinfrastruktur ohne Verstärkung der Anschlussleistung über den bestehenden Hausanschluss war möglich.
Auch bei den Testerinnen und Testern konnten Erfolge verbucht werden: Die Eingewöhnungszeiten für Pkw- und Wallbox-Bedienung waren sehr kurz (ca. 1 Tag) und die Zufriedenheit mit den Test-Fahrzeugen und der Ladeinfrastruktur sehr hoch.
Als wichtigste Empfehlungen für den Wohnbau sind drei Punkte genannt:
• Gemeinschaftsanlagen mit Lastmanagement-Funktion sind wichtig.
• Auf eine netzschonende Langsamladung (= max. 11 kW pro Wallbox) ist zu achten.
• Die Fahrzeugmodelle beeinflussen die tatsächlich nachgefragte Leistung (1-, 2-, 3-phasige Ladung) stark.
Andere Voraussetzungen - ähnliches Ergebnis in NÖ
Auch in Niederösterreich wurden – unter anderen Voraussetzungen als in der Großstadt - bereits drei verschiedene Pilotprojekte für Elektromobilität umgesetzt – eines davon mit der Niederösterreichischen gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft für Arbeiter und Angestellte (NBG). Auch diese drei Projekte zeigtenF, dass das ländliche Stromnetz in gutem Zustand ist und auch für eine hohe E-Auto-Dichte geeignet ist. Ein Lademanagement zur Netzentlastung bzw. Kostenreduktion kann auch hier von Vorteil sein. Ladestationen mit Impedanz- und Spannungsregelung konnten in den Projekten selbstständig für fairere Voraussetzungen unabhängig vom Standort sorgen und das Stromnetz durch Leistungsreduktion wirksam schützen. Eine aktive Steuerung der Ladung (Lastmanagement der EVN über Joulie) kann ebenfalls zur Entlastung des Netzes oder zur Nutzung von erneuerbaren Stromüberschüssen zur E-Auto-Ladung eingesetzt werden.
Zwei potenzielle Probleme sind in Niederösterreich aufgetaucht. In einigen Siedlungen kann bei Umstellung auf E-Mobilität in Kombination mit Wärmepumpen (vor allem Luftwärmepumpen) durchaus ein weiterer Netzausbau notwendig sein. Als zweiter Hürde können manchmal die Inneninstallation in Einfamilienhäusern gesehen werden, da die Leitungen zu lang und schwach dimensioniert sind und zu einem wesentlichen, selbst verursachten Spannungsabfall führen können.
Mehr Informationen unter: Studie von e7/Wien Süd und Pilotprojekte aus NÖ
Nutzerinnen und Nutzer des Pilotprojektes Elektromobilität 2030 ©Klima- und Energiefonds/APA-Fotoservice/Juhasz
von Klaus Bichler