Was ändert sich beim Verkauf von GBV Wohnungen?
Grundbücherliche Anmerkung
Nach einer Veräußerung – unabhängig davon, ob die gesamte Baulichkeit, ein Paket an Wohnungen oder nur eine Wohnung veräußert wird — ist für einen Mieter oder eine Mieterin im aktuellen Grundbuchauszug nicht erkennbar, ob eine Baulichkeit von einer GBV errichtet wurde. Wenn im Grundbuchsauszug ein Investor als Eigentümer und damit Vermieter aufscheint, wird niemand auf die Idee kommen, dass eigentlich nur ein günstiger WGG-Zins vereinbart werden darf. Eine grundbücherliche Anmerkung, nämlich dass für ein Objekt die wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des WGG zur Anwendung gelangen, würde zu mehr Rechtssicherheit für den Mieter führen. Es würde dadurch transparent gemacht werden, dass für die Baulichkeit oder das einzelne Wohnungseigentumsobjekt der Anwendungsbereich des WGG gilt.
Gefahr der Spekulation mit WGG-Baulichkeiten
Ist aus dem aktuellen Grundbuchauszug nicht ersichtlich, dass es sich um ein WGG-Objekt handelt, kann es leicht zur Spekulation mit WGG-Bauten kommen, da die Mieter und Mieterinnen nicht erkennen können, dass ein Sondermietrechtsgesetz (WGG) anwendbar ist. So besteht die Gefahr, dass weitaus höhere Mieten vereinbart werden als es nach dem WGG zulässig wäre.
Weiters könnten die Wohnungen als Kurzzeitwohnungen über Plattformen wie Airbnb vermietet werden und tatsächlich nicht mehr der wohnraumsuchenden Bevölkerung zur Verfügung stehen. Zusätzlich könnte sein, dass auch in die Sanierung des Hauses nicht mehr investiert wird.
Gemeinnützige Zweckbindung
GBV unterliegen im Hinblick auf die ihnen gesetzlich aufgetragene Verpflichtung zur Schaffung von leistbarem Wohnraum der Verpflichtung zur Vermögensbindung. Nicht so die gewerblichen Wohnbauunternehmen. Das Vermögen der GBV muss dem Zweck des WGG dienen, um die Errichtung von „Volkswohnungen“ im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sicher zu stellen. Bis zur Auflösung der Bauvereinigung und sogar darüber hinaus war und ist das Eigenkapital unmittelbar für die Erfüllung der Daseinsvorsorge, dh dauerhaft für den sozialen Wohnbau, zu verwenden.
Die Vermögensbindung fällt jedoch in dem Moment weg, in dem ein Objekt an eine Person, die nicht eine gemeinnützige Bauvereinigung ist, veräußert wird. Es fehlen somit Mittel, die in die Errichtung von leistbaren Wohnraum fließen könnten. Es kann zum Abfluss von gemeinnützig erwirtschaftetem Vermögen für Spekulationszwecke kommen.
Keine Zustimmung der Aufsichtsbehörde zur Veräußerung erforderlich
Veräußert eine gemeinnützige Bauvereinigung eine Baulichkeit an eine Person, die nicht eine gemeinnützige Bauvereinigung ist, muss sie nach § 10a WGG die Zustimmung der Landesregierung zu dem Rechtsgeschäft einholen. Wenn später die nichtgemeinnützige Person das Objekt veräußert, benötigt sie keine Genehmigung.
Keine Prüfung durch den Revisionsverband
Gemeinnützige Bauvereinigungen werden jährlich geprüft. Diese jährliche Kontrolle sichert die sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Verwendung aller Gelder. Dieser Kontrollmechanismus entfällt in dem Moment, in dem die Baulichkeit aus dem wohnungsgemeinnützigen Kreislauf herausgenommen wird.
Befristete Mietverhältnisse
Obwohl es gemeinnützigen Bauvereinigungen rechtlich möglich wäre, befristete Mietverträge abzuschließen, ist es doch ein bedeutendes „Spezifikum“, dass bei GBV im Regelfall unbefristete Mietverträge abgeschlossen werden. Gerade der Abschluss von unbefristeten Mietverträgen trägt zur sozialen Sicherheit und zur Stabilisierung des gesellschaftlichen Gefüges bei.
Erwirbt nun eine nicht gemeinnützige Person das Objekt besteht die Gefahr, dass diese mit ihren Mieterinnen und Mietern nur befristete Mietverträge abschließt. 2016 waren laut AK Auswertung bereits rund 70 % der neu abgeschlossenen privaten Mietverträge befristet. Befristete Mietverhältnisse bedeuten immer Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Verlängerung. Sie schränken die Mietrechte ein und verteuern den Wohnungsaufwand für Wohnungssuchende.
Keine Makler
Darüber hinaus bedienen sich gemeinnützige Bauvereinigungen nur in seltenen Ausnahmefällen bei der Vermittlung von Wohnungen Maklern, während dies im gewerblichen/privaten Sektor die Regel ist. Daraus resultieren weitere Mehrkosten für Wohnungssuchende.
Mehr als nur Vermieter
Gemeinnützige Bauvereinigungen sind in besonderer Weise an einer Kommunikation auf Augenhöhe mit ihren Mietern interessiert. Dies wird von Investoren teilweise anders gesehen. Ob daher die Servicequalität auf demselben Niveau erhalten bleiben kann, ist in Frage zu stellen.
Mag. Michaela Schinnagl
Dr. Klaus Bichler