GBVs trotzten Krisenjahr 2022: 16.700 neue leistbare Wohnungen errichtet
Im Jahr 2022 stellten die 182 gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBVs) rund 16.700 Wohnungen fertig. „Damit haben die GBVs 6% mehr fertiggestellt als im Vorjahr und liegen auch 4% über dem 10-Jahres-Durchschnitt von 16.100 Wohnungen“, zeigt sich Klaus Baringer, Verbandsobmann der gemeinnützigen Bauvereinigungen, erfreut. „Mit einem Investitionsvolumen von rund 5 Milliarden Euro für Neubau und Sanierung sind die GBVs auch in Krisenzeiten ein wichtiger Konjunkturmotor und ein verlässlicher Partner für Wohnungssuchende, die Bauwirtschaft, die Banken und die Politik“, so Baringer.
Quelle: GBV, Schnellerhebung 2022/23
TV-Bundesländer: Unterschiedliche Entwicklung, gleiche Trends
Die Region Ostösterreich ist für rund 60% der Gesamtbauleistung der GBVs verantwortlich und ist weiterhin der quantitative Treiber der Gesamtentwicklung. Von den Wiener GBVs wurden letztes Jahr 4.500 Wohneinheiten fertiggestellt (2021: 4.200). Das entspricht in etwa dem 10-Jahres Durchschnitt. In Niederösterreich konnten die GBVs ebenfalls rund 4.500 Einheiten fertigstellen (2021: 4.230). Im Burgenland wurden 1.080 Einheiten errichtet (2021: 1.030). Bei diesen drei Bundesländern ist auch festzuhalten, dass ein starker funktionaler Zusammenhang als Wohnungsmarktregion gegeben ist.
Die Kärntner GBVs übergaben 2022 rund 380 Wohnungen (2021: 330); jene in der Steiermark 1.330 (2021: 1.380). In Oberösterreich wurden im Vorjahr mit 2.770 Einheiten überdurchschnittlich viele Wohnungen übergeben (2021: 2280). Von den Bauvereinigungen in Salzburg wurden rund 890 Fertigstellungen verzeichnet (2021: 590). In Tirol kam es zu 1.050 Fertigstellungen (2021: 1.300). Die GBV mit Sitz in Vorarlberg stellten rund 300 Wohneinheiten fertig (2021: 360).
Für alle Bundesländer zeichnet sich ein einheitlicher Trend ab: 2023 wird die Bauleistung voraussichtlich annähernd gleichbleiben. Ab 2024 scheint die Baukonjunktur aber deutlich zurückzugehen. „Die Zahl der in Bau befindlichen GBV-Wohnungen beläuft sich mit Anfang 2023 auf 29.200. Dieser Wert liegt 8% unter dem 10-jährigen Durchschnitt von 31.700. Noch deutlicher sind die Baubewilligungen zurückgegangen, die mit 12.700 um 24% unter dem 10-Jahresschnitt von 16.800 liegen“, analysiert Herwig Pernsteiner, Verbandsobmann-Stellvertreter. Eine genaue Prognose der weiteren Entwicklung ist jedoch aufgrund der multiplen Krisen (Ukrainekrieg, Covid-19 Pandemie, Lieferverzögerungen, starker Anstieg der Baukosten etc.) schwierig. „Die Gründe für den Rückgang an Baubewilligungen sind vielfältig. Das beginnt bei den viel zu hohen Grundstückskosten in vielen Ballungsräumen. Aber auch die enorm gestiegenen Baupreise und die höheren Kreditzinsen machen sich bemerkbar“, hält Klaus Baringer fest.
„Wenn wir einen Blick auf die Materialkosten werfen, sehen wir, dass diese innerhalb von drei Jahren um 36% gestiegen sind, die Arbeitskosten um 9%. Die Steigerung war rasant und es zeichnet sich noch kein Rückgang ab, sondern eine Stabilisierung auf einem sehr hohen Kostenniveau. Waren es bis jetzt hauptsächlich die Materialkosten, so kommen jetzt noch die Lohnkostensteigerungen, aber auch die erhöhten Gewinne der Baufirmen dazu. Denn noch stärker als die Baukosten sind die Baupreise, also das, was die Bauherren an die Baufirmen bezahlen müssen, gestiegen“, so Pernsteiner.
Turbo beim Heizungstausch
In den letzten Jahren wurden von den GBVs durchschnittlich 7.300 Wohnungen thermisch saniert. „Das hat dazu geführt, dass 96 % des GBV-Bestands, der in den Jahren bis 1980 errichtet wurde, also jenem Zeitraum, der in puncto Gebäudethermik am kritischsten ist, bereits saniert sind“, streicht Klaus Baringer hervor. „In diesem Bereich sind wir nicht nur eine Nasenlänge, sondern meilenweit anderen Immobiliensektoren voraus. Diese thermischen Sanierungen der Gebäude sind eine Grundvoraussetzung für sinnvolle Dekarbonisierung.“ Aktuell kommen die Bestände der späten 1980er sowie der 1990er Jahre in die Sanierungsphase. Hier ist insgesamt ein geringerer Effekt auf die CO2-Einsparung zu erwarten, da die Gebäude dieser Bauperiode bereits eine vergleichsweise gute Energieeffizienz haben. In manchen Fällen dürfte daher auch eine Dekarbonisierung der Heizungssysteme ohne umfassende thermische Sanierung erfolgen.
Nach dem Sanierungshöhepunkt haben die GBVs nun den Schwerpunkt von der Sanierungstätigkeit in Richtung der Heizungsumstellungen verlagert. 2022 lag die Zahl der thermisch sanierten Wohnungen bei rund 4.900 Wohnungen, es wurden 4.200 Wohnungen auf klimafreundliche Heizsysteme umgestellt – eine Steigerung von +78%.
Quelle: GBV, Schnellerhebung 2022/23
Gegensteuern bei Wohnbauförderung
„Wenn in ersten Bundesländern GBVs verkünden müssen, dass sie aktuell nicht mehr bauen können, muss das ein Warnsignal für die Branche und die Politik sein. Der starke Rückgang der Baubewilligungen zeigt den Ernst der Lage“, warnt Baringer. „Vor allem bei der Wohnbauförderung herrscht aus meiner Sicht Handlungsbedarf.“ Beim Thema Wohnen ist und war das seit Jahrzehnten bewährte System der österreichischen Wohnbauförderung ein weit über die Grenzen Österreichs geschätztes Mittel für leistbares Wohnen. Doch genau hier gab es in den letzten Jahren immer mehr finanzielle Rückschritte. Die öffentliche Hand konnte in den letzten mehr als zehn Jahren aufgrund der günstigen Kapitalmarktzinsen erhebliche Mittel bei der Wohnbauförderung einsparen. „Während vor 25 Jahren rund 2,3 Milliarden Euro (rund 1,4% des Bruttoinlandsprodukts) für Wohnbauförderung eingesetzt wurden, belaufen sich die Wohnbauförderungsmittel zuletzt nur noch auf 1,8 Milliarden (rund 0,4% des BIP)“, skizziert Baringer die aktuelle Lage. „Ich denke, nunmehr ist es wieder erforderlich, diese Mittel aufzustocken. Nur so kann man langfristig leistbares Wohnen für möglichst viele Menschen in Österreich gewährleisten“, so Baringer abschließend.