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Womit wir morgen bauen

Mit der Fragestellung „ökologisch und kostengünstig?“ ist angesichts eines unumkehrbaren Klimawandels bei Verfehlen des 2-Grad-Ziels nicht die CO2-Vollbremsung adressiert, die wir brauchen. Wir müssen unsere Wirtschaft an der Endlichkeit unserer Ressourcen ausrichten und uns der Regeneration unserer Lebensgrundlagen widmen.

Eine Betriebsanleitung für das Raumschiff Erde nannte der Architekt Richard Buckminster Fuller sein Buch, in dem er 1969¬ – im Jahr der Mondlandung und noch vor dem Club of Rome – beschreibt, wie wir an Bord eines Planeten mit keineswegs unerschöpflichen Vorräten unterwegs sind. Zu dieser Zeit zeigt Fuller in seinem berühmten Expo-Pavillon das World Game, wo er mit Unterstützung des gerade aufkommenden Computers auf seiner Dymaxion-Weltkarte Planspiele gerechter Verteilung von Ressourcen visualisiert. Heute, 50 Jahre später, brauchen wir global durchschnittlich doppelt so viel Rohstoffe, wie die Erde regenerieren kann. Und von Ressourcengerechtigkeit kann keine Rede sein. Glaubt man der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wird sich dieser Bedarf bis 2060 noch einmal verdoppeln.1 Der Holzverbrauch wird sich mehr als verdreifachen. Dabei entstammt global gehandeltes Holz heute schon zu 30 % aus illegaler Schlägerung. Sand und Kies werden knapp; der Bedarf wächst unaufhaltsam weiter. Mit heute schon verheerenden Konsequenzen: Marine Sand Mining, das Absaugen der Meeresböden, zerstört marine Ökosysteme für den Baustoffbedarf in Asien und im arabischen Raum, denn mit Wüstensand kann man nicht bauen.

Neuere Forschung des Instituts für Soziale Ökologie greift das Bild von Fuller auf. In der Publikation Spaceship earth's odyssey to a circular economy - a century long perspective beschreiben die Autoren eine Verzwölffachung des globalen Rohstoffbedarfs seit 1900.2  Zugleich ist die Kapazität einer Rückführung von Rohstoffen durch Re- und Downcycling kaum gestiegen. In Österreich liegt der Materialverbrauch pro Kopf bei 19 t/a und soll bis 2030 um ein Viertel gesenkt werden.3  Die Zirkularitätsrate, also der Anteil an Material, das wir in Österreich im Kreis führen, liegt ganz auf dem europäischen Durchschnitt von 12 %. Aber ließe sich diese Rate auf 100 % steigern? Nein, denn der jährliche Bedarf an Rohstoffen ist dreimal größer als das, was wir potenziell im Kreis führen könnten. 60 Mio. t Abfallaufkommen können 200 Mio. t Rohstoffbedarf niemals decken. Der Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft ist also ein weniger ist mehr, wieder ein Begriff von Fuller. Aber anders als damals, geht es heute nicht allein um Effizienzsteigerung, heute heißt es less is more durable, es geht um mehr Dauerhaftigkeit. Wir brauchen einen neuen Umgang mit unserem Gebäudebestand, eine neue Robustheit. Und erneuerbar muss jeder Baustoff werden, nicht nur die nachwachenden. Diese drei Bedingungen – Stoffschluss, Dauerhaftigkeit und Erneuerbarkeit – ermöglichen eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Nachhaltigkeit muss eine Grundanforderung an Gebäude werden, selbstverständlich wie die Standsicherheit. Und wenn Nachhaltigkeit bedeutet, dass man nur entnimmt, was nachwächst, und wir doppelt soviel entnommen haben, müssen wir mit der Regeneration beginnen. Wir können und wir müssen unsere Städte zu Kohlenstoffsenken machen. Dafür entwickeln wir Strategien mit Böden und Baustoffen CO2 zu binden. Klimaregenatives Bauen im Wohnbau bedeutet den CO2-Gehalt im Rohbau bis auf ein Minimum zu senken und CO2 in Baustoffen, Böden und Begrünung einzulagern.4  Womit wir morgen bauen, verhindert einen irreversiblen Klimawandel, wandert endlos im Kreis und kostet nicht die Welt.

Autor: DI Thomas Romm ZT, Geschäftsführer Architekturbüro forschen planen bauen 

1 OECD (2018), Global Material Resources Outlook to 2060: Economic Drivers and Environmental Consequences, OECD Publishing, Paris. https://doi.org/10.1787/9789264307452-en

2Spaceship earth´s odyssey to a circular economy - a century long perspective
Willi Haas, Fridolin Krausmann, Dominik Wiedenhofer, Christian Lauk, Andreas Mayer
Institute for Social Ecology, Department for Economic and Social Sciences, University of Natural Ressources and Life Sciences (BOKU), Vienna 2020

3https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/abfall/Kreislaufwirtschaft/strategie.html

4https://nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/projekte/reduced-carbon-concrete.php