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Sommer und Wohnrecht: Kühlung

Die Sommer werden durch den Klimawandel immer heißer und damit auch die gesundheitlichen Probleme für uns immer größer. Als Reaktionen auf diese Klimaveränderungen versuchen immer mehr Menschen, ihren Wohnraum an die neuen Bedingungen anzupassen, dies betrifft insbesondere die Nachrüstung von Beschattungseinrichtungen und Installation von Klimaanlagen. Doch damit gehen rechtliche Probleme einher. Bei dem vor einigen Tagen stattgefundenen Wohnrechtsfrühstück des Verbandes hat Rechtsanwalt Mag. Christoph Rechberger wichtige Fragen zum Thema „Sommer und Wohnrecht: Kühlung“ beantwortet.

Wie sieht das im Mietrecht aus? Darf jeder Mieter und jede Mieterin eine Außenjalousie anbringen?

Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es sich auch bei der Montage einer Außenjalousie um eine wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 MRG handelt; ausdrücklich bejaht wurde dies in einem Anlassfall vom OGH bei Montage einer Markise. Gemäß § 9 MRG hat ein Mieter – auch im Geltungsbereich des WGG – wesentliche Veränderungen dem Vermieter anzuzeigen. Diese Anzeige muss – gegebenenfalls unter Anschluss von Plänen etc – alle Informationen enthalten, die Art und Umfang der beabsichtigten Arbeiten in ausreichender Weise beurteilen lassen. Lehnt der Vermieter nicht innerhalb von zwei Monaten ab Zugang der Anzeige die beabsichtigte Veränderung ab, so gilt seine Zustimmung als stillschweigend erteilt. Lehnt der Vermieter ab, kann der Mieter ein Verfahren bei der Schlichtungsstelle/Gericht einleiten, in dem die fehlende Zustimmung gegebenenfalls durch das Gericht ersetzt wird. In diesem Verfahren hat der Mieter sodann den Nachweis zu erbringen, dass beispielsweise die Anbringung einer Markise an der Front des Mietobjekts einem wichtigen Interesse dient und auch verkehrsüblich ist. Die beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, häufig scheitert die Genehmigungsfähigkeit an der Verkehrsüblichkeit der geplanten Maßnahme. Es bedarf in jedem Fall einer Einzelfallbeurteilung, die die Gesamtsituation der Liegenschaft zu berücksichtigen hat.

Wie sieht das beim Reizthema Klimaanlagen aus? 

Bei der Beurteilung der Verkehrsüblichkeit kommt es nicht auf die subjektiven Interessen der Mieterin an, weshalb - anders als bei der des wichtigen Interesses – nach der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung die geltend gemachten persönlichen Bedürfnisse der Bewohner (Vermeidung von Schlafstörungen in Folge zu hoher nächtlicher Temperaturen) nicht zu berücksichtigen sind. So wurde in einem Anlassfall die Montage einer Außenklimaanlage auf einer Loggia durch den Mieter bei bestehenden Außenjalousien von der Rechtsprechung als nicht verkehrsüblich angesehen; allein die steigende Anzahl von Klimageräten begründet noch keine Verkehrsüblichkeit. 

Wie sieht das im Wohnungseigentumsrecht aus? 

Jeder Wohnungseigentümer muss beachten, dass nur bagatellartige Umgestaltungen nicht genehmigungspflichtig sind. Bereits die Möglichkeit der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer führt dazu, dass er die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zu der geplanten Änderung einholen muss. Tut er das nicht, so handelt er eigenmächtig; er kann von jedem anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung und Beseitigung geklagt werden. 

Hat sich durch die WEG-Novelle 2022 etwas geändert?

Der Fokus der WEG-Novelle 2022 lag auf klimarelevanten Neureglungen. So hat die WEG-Novelle 2022 dazu geführt, dass u.a. die Umsetzung des Änderungsrechts des Wohnungseigentümers in Bezug auf Beschattungsmaßnahmen erleichtert wurde. Neben Maßnahmen, die die Barrierefreiheit verbessern, und der Installation für Langsamladevorrichtungen werden „sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Vorrichtungen zur Beschattung“ nunmehr vom Gesetzgeber als begünstigte Veränderungsmaßnahmen angesehen. 

Worin besteht die Begünstigung bei Errichtung von Beschattungsmaßnahmen?

Wie für jede geplante andere wesentliche Veränderung muss der änderungswillige Wohnungseigentümer die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer einholen. Am Einstimmigkeitsprinzip des WEG für eigennützige Veränderungen des Wohnungseigentümers hat sich nichts geändert. Es wird  nur die „Erlangung“ einer Zustimmung u.a. für Beschattungseinrichtungen (ausdrücklich nicht erwähnt sich Klimaanlagen) erleichtert: Der Wohnungseigentümer hat nunmehr die Möglichkeit, an Stelle der ausdrücklichen Einholung der Zustimmung, alle übrigen Wohnungseigentümer von der Maßnahme zu verständigen. Wenn ein Wohnungseigentümer nun nicht binnen zwei Monaten ab Verständigung über die geplante Veränderung dieser Maßnahme ausdrücklich schriftlich oder elektronisch widerspricht,  so gilt die Zustimmung zu der geplanten Beschattungsmaßnahme als fingiert. Dies nennt man eine gesetzliche Zustimmungsfiktion.

Wie sind die Wohnungseigentümer von der geplanten Veränderung zu informieren?

Um die Zustimmungsfiktion auslösen zu können, muss der Wohnungseigentümer alle anderen Wohnungseigentümern schriftlich bekanntzugeben, welche Beschattungsmaßnahme er plant, bspw.ob er eine Außenjalousie oder eine Markise errichten möchte. Hierfür muss eine klare und verständliche Beschreibung der Beschattungsmaßnahme erstellt werden (Ort, wo diese montiert werden soll, Art und Farbe, Nachweis, dass sich die Beschattungsvorrichtung harmonisch in das Erscheinungsbild des Hauses einfügt, Kostenvoranschlag etc.). Darüber hinaus muss dieses Schreiben auch einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs beinhalten. 

Eine bloß mündliche Verständigung ist nicht ausreichend, um die Zustimmungsfiktion auszulösen. 

Wie erfolgt dann der Widerspruch?

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist der Widerspruch auf Papier oder „in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form“ zu übermitteln. Der Widerspruch ist vom Wohnungseigentümer, der die Maßnahme ablehnt,  innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Verständigung auszusprechen. Wichtig: Die Zustimmungsfiktion gilt nicht für wesentliche und dauerhafte Beeinträchtigung- ergänzender Schutzmechanismus.

Was muss ein Wohnungseigentümer machen, wenn ein anderer Wohnungseigentümer widerspricht?

In diesem Falle muss der änderungswillige Wohnungseigentümer einen Antrag gemäß § 16 WEG iVm § 52 WEG auf Ersetzung der fehlenden Zustimmung bei Gericht einbringen. In diesem Verfahren muss er aber auch bei Beschattungsmaßnahmen – unabhängig davon, ob es sich um die Errichtung von Rollos, Außenjalousien, Markisen oder sonstigen Beschattungssystemen handelt – den Nachweis erbringen, dass mit der Maßnahme keine schützwürdigen Interessen anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden. Insbesondere darf es nicht zu einer Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes der Wohnungseigentumsanlage kommen. Zusätzlich muss man auch den Nachweis erbringen, dass die geplante Änderung verkehrsüblich ist oder einem wichtigen Interesse entspricht, weil durch all diese Maßnahmen auch allgemeine Teile in Anspruch genommen werden. Auch hier sind stets die Umstände des Einzelfalles maßgebend.  Verkehrsüblichkeit oder wichtiges Interesse sind Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit. Bei der Verkehrsüblichkeit hat das Gericht einen gewissen Ermessensspielraum. Spannend ist auch das wichtige Interesse; es muss sich dabei um ein konkretes wichtiges Interesse handeln. Die Steigerung der Lebensqualität bzw. Wertsteigerung des Objektes allein bewirkt in der Regel noch kein wichtiges Interesse. Gesundheitliche Aspekte, die Kühlungsmaßnehmen zugrunde liegen, können ein wichtiges Interesse begründen. 

 

Mag. Christoph Rechberger ist Rechtsanwalt in Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt Liegenschafts- und Wohnrecht.