So heizen Österreichs Landeshauptstädte
Die Energie- und Wärmewende wird kommen und muss kommen. Das verlangt einerseits der Klimawandel und all seine Folgen. Andererseits hat der aktuelle Ukrainekrieg gezeigt, wie wichtig eine andere Energie- und Wärmeversorgung ist. Der Gaspreis hat sich teilweise verzehnfacht und viele Menschen in Österreich können sich das Heizen nicht mehr leisten. Am letzten Freitag (4.3.) lag der Gaspreis erstmals über 200 Euro pro Megawattstunde. Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBVs) sind bei dieser Umstellung bereits Vorreiter. 61,8 % aller GBV-Wohnungen sind an Fernwärme angeschlossen.
Während der CO2 Ausstoß beim Verkehr weiter steigt, konnte dieser im Wohnbau deutlich gesenkt werden. Der Rückgang ergibt sich primär aus dem Wechsel zu CO2-neutralen Energieträgern. GBV-Wohnungen und Gemeindewohnungen haben den bei weitem höchsten Anteil an mit Fernwärme beheizten Wohnungen (über 60 %), während speziell im Einfamilienhaussektor die Abhängigkeit von Öl und Gas noch sehr hoch ist. Allerdings muss man einräumen, dass die Fernwärme derzeit wiederum noch zu einem großen Teil mit Erdgas betrieben wird.
Eine wichtige Rolle beim Umstieg auf klimaneutrale Heizungssysteme spiele Städte. Fast zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung wohnen in Städten oder urbanen Räumen. GLOBAL 2000 hat sich in einer neuen Studie, die u.a. auf Zahlen der Statistik Austria und Energieberichte der Landeshauptstädte, angesehen, wie in den Landeshauptstädten geheizt wird. Es zeigt sich, dass einzelne Landeshauptstädte (z.B. Wien und Klagenfurt) bereits ambitionierte Klimaziele verfolgen, aber viele Ziele noch nicht erreicht sind. Solche Strategien sind wichtig, da sie Zeitschienen und konkrete Projekte definieren und viele Klimaschutzprojekte dadurch ihren Ausgang nehmen. Die Details, wie sich die Situation in den Landeshauptstädten in punkto Heizen darstellt, lesen Sie in der GLOBAL 2000-Studie „So heizen die Landeshauptstädte“ (kostenloser Download) https://www.global2000.at/publikationen/klimareport-so-heizen-die-landeshauptstaedte
Bregenz
Bregenz, das 2021 den Klimanotstand ausgerufen hat, will die städtische Verwaltung und alle Tochtergesellschaften bis 2030 klimaneutral machen. Eine Gesamtstrategie für die Stadt fehlt allerdings laut Studie noch. Ziele des Aktionsplans, u.a. der Ausbau der Solarthermie um 1.000 m² pro Jahr oder die Senkung des Raumwärmebedarfs kommunaler Gebäude um 25 % bis 2020, wurden verfehlt. Allerdings wurde der Raumwärmebedarf kommunaler Gebäude um 20 % gesenkt. In Bregenz haben fossile Energieträger einen Anteil von 86 % am Wärmebedarf der Haushalte. Wobei Gas mit 75 % deutlich vor Öl mit einem Anteil von 11 % liegt. Fernwärme gibt es in Bregenz keine. Bregenz ist somit die Landeshauptstadt mit dem höchsten Anteil fossiler Energie beim Heizen. Nur ein Anteil von 11 % des Wärmebedarfs wird durch erneuerbare Energieträger gedeckt.
Eisenstadt
Eisenstadt will nach eigenen Angaben eine Klimamusterstadt werden, hat aber laut vorliegender Studie kein klares Ziel, bis wann fossile Energieträger in der Stadt ersetzt werden sollen. Die beschlossene Klimaschutzoffensive gibt vor, erneuerbare Energieträger „nach Möglichkeit“ einzusetzen. In Eisenstadt werden 76 % der Wohngebäude mit fossiler Energie beheizt, wobei Gas mit 64 % vor Ölheizungen mit 12 % klar dominiert. Hoch ist ebenfalls der Anteil an Stromheizungen (10 %), erneuerbaren Energien kommen auf 11 %, Fernwärme spielt kaum eine Rolle.
Graz
Die Stadt Graz erarbeitet derzeit einen neuen Klimaschutzplan, der u.a. das Ziel haben soll, bis 2040 die Treibhausgasemissionen auf 1 t CO2 pro Grazerin und Grazer zu reduzieren. Dafür wäre laut Studie ein vollständiger Ausstieg aus fossiler Energie erforderlich. Laut Plan soll die Fernwärme von 80.000 auf 100.000 Wohnungen ausgeweitet werden. Die Arbeitsgruppe „Wärmeversorgung Graz 2020/2030“ hat dafür bereits einige Projekt auf Schiene gebracht, zum Beispiel die Abwärmenutzung der Papierfabrik Sapi. Dadurch konnte die Fernwärme, die in Graz 48 % ausmacht, den Anteil der Abwärme aus Industrieanlagen auf 20 % steigern, die restliche Fernwärme wird aus Erdgas hergestellt. Auch fossile Brennstoffe werden in Graz zum Heizen genutzt: 18 % heizen mit Erdgas, 8 % mit Heizöl.
Innsbruck
Innsbruck peilt das Ziel der Energieautonomie 2050 an und will bis dahin die Energieversorgung zu 100 % durch erneuerbare Energie erreichen. Laut der letzten Erhebung im Jahr 2015 hat Innsbruck mit etwa 43 %, gleichauf mit Klagenfurt den höchsten Heizöl-Anteil unter allen Landeshauptstädten. Weitere 29 % der Haushalte heizen mit Erdgas und 10 % mit Strom. Die Fernwärme kommt auf etwa 9 % und erneuerbare Energieträger gemeinsam auf etwa 8 %.
Klagenfurt
Klagenfurt will die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 % reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energien auf 100 % steigern. In der Smart City Strategie ist verankert, dass die Sanierungsrate angehoben und ein Nahwärmenetz zur Seewassernutzung errichtet werden soll. Aktuell liegt der Anteil fossiler Energieträger am Wärmebedarf der Haushalte bei 47 %, (43 % Heizöl, 4 % Erdgas). 35 % werden durch Fernwärme und beachtliche 18 % durch Biomasse beheizt. Die Klagenfurter Fernwärmeerzeugung erfolgt als eine der wenigen in Österreich mehrheitlich klimaneutral, 81 % stammt aus Biomasse und nur mehr 19 % aus Erdgas. In Klagenfurt wurden die CO2-Emissionen im Raumwärmebereich zwischen 2011 und 2018 um 44 % gesenkt.
Linz
Linz will nach neuem Leitbild „klimaneutrale Industriestadt“ werden. Konkret bedeutet das, dass die Klimaneutralität 2040 erreicht werden soll, eine konkrete Strategie ist in Arbeit. In Linz beträgt der Anteil der Haushalte, die mit Fernwärme heizen 72 %. Die Fernwärme wird auch in Linz zu einem großen Teil aus Erdgas erzeugt. 51 % der Fernwärme kommen aus Erdgas-Heizkraftwerken. Der Rest stammt aus Abfallverbrennung (26 %), Biomasse (12 %) und Abwärme (11 %). Laut Studie fällt auf, dass in Linz der Anteil der Abwärme an der Fernwärmeerzeugung nur halb so hoch ist wie in Graz, obwohl Linz als bedeutende Industriestadt hohe Potenziale zur Nutzung von Abwärme aufweist.
Salzburg
In Salzburg wird derzeit ein neuer Klimaschutzzielpfad entwickelt. Aktuell hat Salzburg nur Teilziele beim Klimaschutz, u.a die Fernwärmeaufbringung bis 2040 zur Hälfte aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. In Salzburg wird die Wärmeversorgung der Haushalte mit Fernwärme (33 %), Erdgas (30 %), Heizöl (18 %) und Biomasse (11 %) sichergestellt. Die Fernwärme wird zum Großteil (71 %) von zwei fossilen Groß-Heizwerken, die mit Erdgas und Öl befeuert werden, bestritten, 19 % werden aus Abwärme, 10 % aus Biomasse gewonnen.
St. Pölten
In St. Pölten sind laut Studie noch keine konkreten Langfristziele definiert. Diese sollen nun im Rahmen des Projekts „STP2030“ definiert werden. Es gibt aber ein Energieleitbild, das die Förderung von Wärmepumpen vorsieht. In St. Pölten wird der Wärmebedarf der Haushalte zu 36 % durch fossile Energieträger gedeckt (33 % Erdgas, 3 % Heizöl). Die Fernwärme hat einen Anteil von 46 %, Biomasse einen Anteil von 18 %. Die Fernwärmeerzeugung beruht auch in St. Pölten zu einem großen Teil auf (41 %) auf Erdgas. In St. Pölten sind die gesamten CO2-Emissionen zwischen 2005 und 2020 um 25 % gesunken, deutlich mehr als im Österreichschnitt. Die Emissionen der Haushalte wurden dabei mehr als halbiert (−58 %). Vieles geht hier auf die neue Fernwärmeleitung zurück.
Wien
Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Konkret bedeutet das, dass Erdgas aus der Wärmeversorgung verschwunden sein soll und auch die Fernwärme soll frei von fossilen Brennstoffen sein. Dies wurde zuletzt mit einer eigenen Klimastrategie untermauert. In der Smart Klima City Strategie ist vorgesehen, dass in Zukunft Geothermie und Wärmepumpen einen großen Teil der Wärmeversorgung liefern sollen. Verbotszonen für Gasheizungen wurden bereits eingeführt, die Fernwärme prüft Alternativen zu Gas, u.a. im Geothermie-Potentialgebiet –Aderklaaer. Aktuell wird der Wärmebedarf der Haushalte zu 57 % durch Erdgas und zu 30 % durch Fernwärme gedeckt, die allerdings ebenfalls zu 65 % aus fossiler Energie (meist Erdgas) hergestellt wird. Die Treibhausgasemissionen im Raumwärmebereich sind in Wien im Zeitraum von 2010 bis 2019 um 12 % gesunken. Das ist aber weniger als im österreichischen Durchschnitt von 21%.
Mag. Dr. Klaus Bichler