Über 130 Menschen, die von Armut und Ausgrenzung betroffen sind, haben wieder ein eigenes Zuhause. Darunter der Pensionist Herr E. aus Oberösterreich, der sich die anstehenden Renovierungen seiner alten Wohnung nicht mehr leisten konnte. Oder Frau B. aus dem Burgenland, eine Mutter mit zwei Jobs, deren Situation in einer von Gewalt geprägten Partnerschaft sich während der Covid-19 Pandemie drastisch verschärfte.*
Den Weg dahin ebnete „zuhause ankommen“, ein Projekt der BAWO, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, mit Unterstützung des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV). Dank dem Einsatz aller beteiligten Partnerorganisationen leben seit der ersten Schlüsselübergabe im September 48 Kinder und 85 Erwachsene in der Sicherheit einer eigenen leistbaren Wohnung. Etwas mehr als die Hälfte dieser neuen MieterInnen sind weiblich. 31 gemeinnützige Bauvereinigungen haben im Rahmen des Projekts bereits eine oder mehrere Wohnungen zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist offen für und freut sich über die Mitwirkung weiterer Bauvereinigungen.
Zu ihrer Wohnung aus dem gemeinnützigen Wohnbausektor kamen diese Menschen nach dem Housing First Prinzip – mit direktem eigenem Mietvertrag und Betreuung nach Bedarf. Nach den ersten Monaten des Projekts ist klar: Wohnungslosigkeit kann jeden und jede treffen. Und – die Lösung liegt in der engen Zusammenarbeit zwischen gemeinnützigen Bauträgern und Sozialorganisationen.
Lockdowns verschärfen den Druck auf Wohnen
Rund 22.000 Menschen sind in Österreich als obdach- oder wohnungslos erfasst. Die Dunkelziffer liegt aber weit darüber. Menschen, die von Couch zu Couch ziehen, die in Abhängigkeitsbeziehungen leben, bei Verwandten und Bekannten unterkommen, sind in dieser Statistik nicht erfasst. Ihre Geschichten sind divers. Die zusätzlichen psychischen wie finanziellen Belastungen durch die Covid-19 Pandemie treffen aber viele. Die Lösung liegt auf der Hand: Das beste Mittel gegen Wohnungslosigkeit ist eine eigene, passende und leistbare Wohnung.
„zuhause ankommen“ übernimmt Finanzierungsbeiträge
Doch wie kommen armutsgefährdete Menschen zu einer solchen Wohnung? Gemeinnützige und kommunale Wohnungen sind in Österreich ein hohes Gut. Am Bestand von leistbarem Wohnraum scheitert es nicht. Die Schwierigkeit liegt oft im Zugang zu diesem Bestand: Wenn Anmietungskosten trotz leistbarer Mieten nicht bezahlbar sind, bleibt die Tür zum Ankommen im eigenen Zuhause verschlossen.
Hier setzt „zuhause ankommen“ an. Ohne Obergrenze können Finanzierungsbeiträge aus den vom Sozialministerium zur Verfügung gestellten Projektmitteln übernommen werden – bei Wiederauszug des Mieters oder der Mieterin bleiben die zurückbezahlten Beträge für zukünftige Bedarfe zweckgebunden. Weitere Mittel helfen bei Ein- und Umzug. Leistbares Wohnen kommt so jenen Menschen zugute, die es dringend brauchen.
Betreuung sichert langfristiges Wohnen
Doch es sind nicht nur finanzielle Hürden, mit denen obdach- oder wohnungslose sowie armutsgefährdete Menschen konfrontiert sind. Vorurteile aus der Nachbarschaft, Ängste und Sorgen von potenziellen VermieterInnen und Bewältigungsdruck auf Hausverwaltungen können der Unterzeichnung eines Mietvertrags im Weg stehen.
Geschichten rund um Obdach- und Wohnungslosigkeit begleiten „zuhause ankommen“ ProjektpartnerInnen täglich. Die Betroffenen in diesen Geschichten sind divers: Es sind junge und alte Menschen, ehemals erfolgreiche Selbstständige und langjährige Angestellte, Menschen, die seit ihrer Kindheit nie den Weg aus der Armut gefunden haben und jene, die durch Schicksalsschläge in Notsituationen geraten sind. Kurz: Es sind Geschichten, die jeder und jedem widerfahren können.
Natürlich braucht es auf dem Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft oft Unterstützung. Darum erhalten „zuhause ankommen“ - Mieterinnen und Mieter beim Einzug genau die sozialarbeiterische Unterstützung, die sie brauchen. Selbstständiges Wohnen und individuelle Betreuung sorgen so für Mietstabilität und entlasten Hausverwaltungen.
Gemeinsam gegen Wohnungslosigkeit
„zuhause ankommen“ ist eine große Chance für jeden Einzelnen und jede Einzelne der 600 Menschen, die durch das Projekt bis April 2022 aus der Wohnungsnot ein Zuhause finden können. Jede Schlüsselübergabe bedeutet oft lang ersehnte Sicherheit in den eigenen 4 Wänden und die Chance auf einen Neuanfang.
„zuhause ankommen“ ist aber auch eine Chance für Sozialorganisationen und gemeinnützige Bauträger, gemeinsam eine nachhaltige Lösung gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit zu etablieren. Die finanziellen Mittel und das erforderliche Know-how stehen zur Verfügung. Der Weg wurde seit Projektstart erfolgreich beschritten. Nun gilt es, bis April diese Chance zu nutzen, möglichst viel passenden Wohnraum für die Menschen verfügbar zu machen, die unsere Hilfe gerade am meisten brauchen. Nutzen wir diese Chance!
Über „zuhause ankommen“
„zuhause ankommen“ wird in Kärnten, Burgenland, Oberösterreich, Niederösterreich und Wien durchgeführt. Koordiniert wird die Initiative von der BAWO. Die Projektleitung, operative Umsetzung und Kooperation mit gemeinnützigen Bauträgern in den Bundesländern übernehmen Sozialorganisationen im jeweiligen Bundesland.
„zuhause ankommen“ wird zur Gänze vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (gemäß Sonderrichtlinie „COVID-19 Armutsbekämpfung“) finanziert. Das Gesamtvolumen des Projekts beträgt € 2.650.000.
*Namen der Fallgeschichten anonymisiert.
Autoren:
Bernd Rohrauer, Projektleitung „zuhause ankommen“;
Gerhard Schützinger, Kommunikation „zuhause ankommen“